Verkehr:Deutsche Bahn steht kurz vor einem Streik

Tarifstreit Lokführergewerkschaft GDL und Deutsche Bahn

Ein ICE Richtung Berlin: Steht bald vieles still wegen eines Streiks?

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Schon von kommender Woche an könnte es zu massiven Ausständen kommen. Die Deutsche Bahn richtet einen eindringlichen Appell an die Gewerkschaft GDL, den Verkehr nicht lahmzulegen. Doch die sieht keinen anderen Ausweg.

Von Markus Balser, Berlin

Angesichts drohender massiver Bahnstreiks in Deutschland fordert die Deutsche Bahn von der Lokführergewerkschaft GDL in letzter Minute eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. "Die Corona-Pandemie hat uns hart getroffen und horrende Schäden hinterlassen", sagte Personalvorstand Martin Seiler der Süddeutschen Zeitung. In diesem Jahr drohe der Deutschen Bahn ein Verlust von zwei Milliarden Euro durch die Pandemie. Ein Streik treffe den Konzern wie auch Bahnreisende zu einem verheerenden Zeitpunkt. "Kommen Sie an den Verhandlungstisch und führen Sie mit uns ernsthafte Verhandlungen!", mahnte Seiler, "dann finden wir zu Lösungen". Die Deutsche Bahn sei "zu Zugeständnissen bereit"-

Doch eine Lösung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die Tonlage verschärft sich. In dieser Woche läuft eine Urabstimmung, deren Ergebnis die GDL am kommenden Dienstag veröffentlichen will. GDL-Chef Claus Weselsky geht davon aus, dass der Streik kommt. "Wir spüren: Die Beteiligung an der Urabstimmung ist groß. Wir rechnen damit, dass die Belegschaft 'Ja' zum Arbeitskampf sagt. Die Stimmung unter den Beschäftigten ist schlecht", sagte Weselsky und deutete an, dass seine Gewerkschaft massive Arbeitsniederlegungen plant: "Von Anfang an war klar: Es geht uns nicht nur um Nadelstiche." Arbeitskämpfe bei der Bahn haben in der Regel große Auswirkungen auf den Verkehr. Sie trafen in den vergangenen Jahren immer wieder Millionen Reisende und Pendler.

Eigentlich sah es so aus, als ob die Seiten sich annähern

Die Bahn-Spitze kritisierte die GDL am Donnerstag hart. "Die Bahn und die Mobilität im Land würde das hart treffen: Zum einen weil die Menschen gerade wieder beginnen, zu reisen", sagt Seiler. "Aber wir haben jetzt auch eine gesellschaftliche Verpflichtung. Wir sind systemrelevant für die Mobilität in Deutschland." Die Bahn habe zwei Tarifangebote vorgelegt. Beide seien ohne Verhandlungen abgelehnt worden. "Das ist in der aktuellen Lage nicht akzeptabel", sagt Seiler. Die GDL wies die Vorwürfe am Donnerstag zurück. "Die Angebote der Bahn waren nicht verhandelbar", sagt GDL-Chef Weselsky der SZ. "Sie blieben weit hinter dem für den öffentlichen Dienst zurück." Die Beschäftigten seien sauer. "Sie wollen nicht länger akzeptieren, dass sie leer ausgehen und sich das Management die Taschen vollmacht."

Tarifstreit Lokführergewerkschaft GDL und Deutsche Bahn

Bleibt hart: Claus Weselsky, der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL.

(Foto: Annette Riedl/dpa)

Beide Seiten hatten sich vor dem Scheitern der Verhandlungen eigentlich aufeinander zubewegt. Angelehnt an den Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes fordert die GDL eine Einkommenserhöhung von 1,4 Prozent plus eine Corona-Prämie in diesem Jahr sowie weitere 1,8 Prozent im kommenden Jahr. Die Bahn hatte insgesamt eine Gehaltserhöhung in dieser Höhe geboten, allerdings erst ab kommendem Jahr, in anderen Stufen und mit deutlich längerer Laufzeit. Bahn und GDL streiten zudem über Renten und weitere Leistungen.

Verfahren ist der Tarifstreit auch, weil die Anwendung des Tarifeinheitsgesetzes die Macht der GDL beschneiden könnte. Die kleinere der beiden wichtigsten Bahngewerkschaften kämpft etwa mit der Forderung nach einer Ausdehnung ihres Einflusses auf weitere Betriebsteile auch um ihre Existenz.

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