Fernsehen:Gehen Pro Sieben Sat 1 und Sky zusammen?

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Mikrofone von Sky bei einem Bundesligaspiel: Der amerikanische Mutterkonzern will den Sender loswerden. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Das Geschäft mit dem frei empfangbaren Fernsehen läuft schlecht. Nun könnte zusammen mit Sky Deutschland eine größere Streaming-Plattform entstehen, Gespräche laufen offenbar.

Von Caspar Busse

In den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts baute der Medienunternehmer Leo Kirch in München einen TV-Konzern auf, mit dabei damals das Bezahlfernsehen (noch unter dem Namen Premiere) und frei empfangbare Sender wie Sat 1 und Pro Sieben. Nach dem Zusammenbruch des Kirch-Imperiums vor mehr als 20 Jahren trennten sich die Wege der Unternehmen. Doch jetzt könnten die Anbieter wieder zusammenkommen. Das börsennotierte Fernsehunternehmen Pro Sieben Sat 1 und der Pay-TV-Anbieter Sky Deutschland loten nach SZ-Informationen einen Zusammenschluss aus. Noch seien die Gespräche aber am Anfang, eine Fusion sei alles andere als ein "Selbstläufer", heißt es. Pro Sieben Sat 1 gab keinen Kommentar.

Sky Deutschland ist Teil der britischen Sky-Gruppe, die wiederum zu Comcast gehört. Der amerikanische Medienkonzern, der unter anderem mit NBC Universal eine starke Position hat, sucht schon seit Längerem einen Käufer für Sky in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie den Ableger in Italien. Im vergangenen Jahr waren Gespräche mit anderen Interessenten gescheitert. Nun wolle Comcast einem möglichen Käufer "eine Mitgift von mehreren hundert Millionen Euro" mitgeben, berichtete Reuters. Sky Deutschland zeigt unter anderem Fußballbundesliga und ist einer der großen Finanziers der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Gleichzeitig betreibt Sky den Streamingdienst Wow, der Inhalte des US-Anbieter HBO zeigt, etwa die Erfolgsserie "Succession", aber auch Eigenproduktionen.

Pro Sieben Sat 1 wiederum kommt mit der vor allem werbefinanzierten Streamingplattform Joyn auf etwa vier Millionen Kunden. Für das Angebot von Sky zahlen die Kunden Abogebühren, die Einnahmen sind aber offenbar rückläufig. Zusammen könnte aus Joyn und Wow eine größere Streaming-Plattform entstehen. Die Konkurrenz ist aber hart, RTL betreibt RTL plus, daneben gibt es Disney +, Netflix, Amazon Prime und im Sportbereich etwa Dazn. Gleichzeitig sind die Budgets der Zuschauer beschränkt.

Bert Habets ist seit November 2022 Chef von Pro Sieben Sat 1, vorher war der Niederländer bei RTL. (Foto: Seven.One/Benedikt Müller)

Pro Sieben Sat 1 kämpft gerade selbst mit Problemen in seinem Kerngeschäft, den frei empfangbaren linearen Fernsehsendern. Die Werbeeinnahmen gehen zurück. Im ersten Quartal 2022 gab es zum ersten Mal seit vielen Jahren einen Verlust von 15 Millionen Euro. Für den weiteren Jahresverlauf könnte sich die Stimmung aber aufhellen, sagte der neue Konzernchef Bert Habets: "Bereits im Juni sehen wir wesentliche Verbesserungen in den Werbebuchungen im Vergleich zu den Vormonaten." Trotzdem hatte er schon vor einigen Wochen ein Sparprogramm verkündet. Habets kommt vom Konkurrenten RTL und hatte erst im vergangenen November die Führung des Unternehmens übernommen. Größere Zukäufe hatte er ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Die Italiener haben ein Wort mitzureden

Das Geschäft mit dem frei empfangbaren Fernsehen läuft ohnehin nicht mehr so gut wie früher, besonders jüngere Zuschauer (aber inzwischen auch mehr und mehr ältere) wenden sich ab und gehen zu Streamingdiensten. Insofern würde ein Zusammengehen mit Sky in diesem Geschäft eine größere Schlagkraft bringen.

An Pro Sieben Sat 1 hält Media for Europe (MFE), das Medienunternehmen des italienischen Rechtspolitikers Silvio Berlusconi, gut 25 Prozent der Anteile. Habets Vorgänger hatten sich immer vehement gegen den italienischen Aktionär gewehrt. Vor etwa fünf Jahren hatte MFE die ersten Papier erworben, nun wollen die Italiener erstmals in den Aufsichtsrat von Pro Sieben Sat 1. Auf der Hauptversammlung Ende Juni soll die Medienmanagerin Katharina Behrends in das Aufsichtsgremium gewählt werden. Sie war übrigens vorher für den US-Fernsehkonzern NBC Universal tätig - und damit für den derzeitigen Sky-Eigentümer Comcast.

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