In der vergangenen Woche feierte das klassische Fernsehen noch mal einen Erfolg: Durchschnittlich 27,36 Millionen Menschen sahen live die Niederlage der deutschen Mannschaft gegen England bei der Fußball-EM in der ARD. Der Marktanteil lag bei über 75 Prozent. Eine Reminiszenz an früher, als das Fernsehen noch das "Lagerfeuer" war, vor dem sich alle gemeinsam versammelten. Doch das ist selten geworden. Die Deutschen, besonders die Jüngeren, entfernen sich immer weiter vom traditionellen Fernsehen und setzen zunehmend auf Streamingangebote, bei denen man nicht an feste Sendezeiten gebunden ist, sondern schauen kann, was und wann man will.
Streamingdienste seien auch die großen Gewinner der Pandemie, so das Ergebnis der alljährlichen Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte unter 2000 Konsumenten zu ihrer Videonutzung. Danach gaben rund 52 Prozent der Befragten an, Dienste wie Netflix, Amazon Prime und andere im vorigen Jahr stärker genutzt zu haben. Angesichts von Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen saßen viele zu Hause auf dem Sofa vor der Glotze oder ihrem Computer, die Sehdauer steigt. Drei Viertel der deutschen Haushalte haben mittlerweile mindestens ein kostenpflichtiges Abonnement für einen Streamingdienst abgeschlossen, so das Ergebnis der Studie. Im Schnitt hat jeder Haushalt 1,5 Abos, Tendenz steigend, in jedem zehnten Haushalt gibt es bereits vier oder mehr Abos.
Die Pandemie hat die Entwicklung beschleunigt: Bereits im vergangenen Jahr gab jeder vierte Befragte an, offener gegenüber bezahlten Inhalten zu sein als vor der Pandemie. "Das lineare Fernsehen konnte von Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen nicht profitieren", heißt es. Die Rückgänge beim traditionellen TV seien jedoch nicht exorbitant, aber beständig. Die Mehrzahl der Konsumenten nutze lineare und nicht-lineare Medien parallel. Der Trend zum Digitalen ziehe sich durch alle Altersgruppen. Die gängigen Streamingdienste sind im mittleren Alterssegment besonders populär: Spitzenreiter sind hier laut Studie die 24- bis 35-Jährigen mit einem Nutzeranteil von 74 Prozent. Bei Konsumenten über 55 Jahren sinke der Nutzeranteil deutlich. Anders bei den Mediatheken der linearen Sender: Der Nutzeranteil der mindestens 65-Jährigen liege hier bei 63 Prozent.
So sorgte das EM-Spiel übrigens auch bei den Streaming-Abrufen für einen Rekord: Über die ARD-Mediatheken, die Seite Sportschau.de und Apps sei die Partie Deutschland gegen England 4,66 Millionen Mal abgerufen worden, teilte der WDR mit.