Strafzölle:Hin und her

Die USA wollen auf Strafzölle für Autoimporte aus Europa verzichten - vorerst. Dafür drohen sie mit der Deckelung der Einfuhren.

Von M. Hägler und C. Hulverscheidt, New York

Die Erleichterung an den Börsen war regelrecht mit Händen zu greifen gewesen, als am Mittwochnachmittag die Nachricht durchsickerte: US-Präsident Donald Trump wird zumindest vorerst darauf verzichten, Pkw-Importe aus Europa und Japan mit Strafzöllen von bis zu 25 Prozent zu belegen. Statt an diesem Freitag, soll eine Entscheidung nun erst im November fallen. Die Aktien der Autohersteller schossen in Frankfurt umgehend in die Höhe.

Nur Stunden später allerdings war klar, dass die Sache offenbar einen gewaltigen Haken hat: Trump will die kommenden sechs Monate nämlich dazu nutzen, der Europäischen Union und Japan eine vertragliche "Begrenzung" ihrer Autolieferungen in die USA abzupressen. Anders ausgedrückt: Wer Zölle vermeiden will, muss seine Exporte "freiwillig" beschränken oder aber Pkw, die bisher etwa in Europa produziert werden, künftig in den USA bauen. Wachstum ist in einem solchen System nur noch in begrenztem Umfang möglich.

Fatal für die Autohersteller ist jedoch vor allem die Begründung, die Trump nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg wohl an diesem Donnerstag oder Freitag in einem Dekret verkünden wird. Demnach bedrohen die vielen US-Autoimporte die nationale Sicherheit des Landes, weil sie heimische Firmen unter Druck setzten und in ihrer Innovationskraft behindern. Wie es auf diesen etwas seltsam anmutenden Zusammenhang gestoßen ist, wollte das Handelsministerium allerdings zunächst nicht weiter erläutern.

Das ist wenig verwunderlich, denn die Argumentation der Regierung gilt sogar in den Vereinigten Staaten selbst als äußerst wackeliges Konstrukt. "Die Sache ist eindeutig: Autos sind keine Gefahr für die nationale Sicherheit", erklärte erst jüngst der US-Branchenverband AAM, dem neben ausländischen Pkw-Herstellern auch General Motors und Fiat-Chrysler angehören. Tatsächlich ist etwa fragwürdig, warum die Innovationskraft einer Branche in Gefahr sein soll, die mit dem Elektroautobauer Tesla den Anbieter stellt, der weltweit gerade zu den innovativsten zählt und ausländische Konkurrenten vor sich hertreibt.

Mexiko, Kanada und Korea haben bereits Quotenregelungen zugestimmt

Von den rund 17,2 Millionen Autos, die im vergangenen Jahr in den USA verkauft wurden, kamen 8,2 Millionen aus dem Ausland, also knapp die Hälfte. Die mit Abstand wichtigsten Herkunftsländer waren Mexiko, Japan, Kanada, Deutschland und Südkorea, wobei allein die Lieferungen aus Mexiko sechs Mal so hoch waren wie jene aus der Bundesrepublik. Der deutsche Anteil lag mit gut 450 000 gelieferten Pkw bei rund 5,5 Prozent. Legt man allerdings statt der Zahl den Wert der Fahrzeuge zugrunde, steigt der Anteil auf 9,5 Prozent, da die deutschen Hersteller vor allem Oberklassewagen in die USA verschiffen. Richtig ist zugleich aber auch, dass etwa die US-Tochter von BMW erheblich mehr Autos in den Vereinigten Staaten fertigt, als sie Wagen aus anderen Werken in der Welt ins Land holt.

Hinter dem hohen Importanteil Mexikos von gut 32 Prozent verbergen sich vor allem Marken amerikanischer, asiatischer und europäischer Hersteller, die in dem mittelamerikanischen Land fertigen lassen. BMW etwa wird im kommenden Monat ein neues Werk in Mexiko offiziell eröffnen. Anders als Europa und Japan sind Mexiko, Kanada und Korea derzeit nicht im Visier des US-Präsidenten, weil sie bereits neuen Handelsregeln zugestimmt haben.

Die deutsche Autoindustrie zeigte sich angesichts der Nachrichten aus den USA hin und her gerissen. Der vorläufige Verzicht auf Zölle sei gut, wie man aber eine Volumen-Obergrenze einzuschätzen habe, wisse man noch nicht so recht, hieß es in der Branche. Klar sei: Weder Zölle noch Quoten passten zum Ansatz eines freien und fairen Welthandels. BMW-Chef Harald Krüger verkündete auf der Hauptversammlung seines Konzerns in Stakkato-Manier, was man im "bedeutenden Markt" USA so alles leiste: "Wir sichern fast 70 000 Arbeitsplätze. Unser größtes Werk steht in Spartanburg. Seit 25 Jahren." Neun Milliarden Euro habe man bislang investiert, sei der größte Autoexporteur der Vereinigten Staaten, kaufe sieben von zehn Teilen vor Ort ein. Kurzum: "Wir stärken die amerikanische Wirtschaft." Das muss jetzt nur noch Donald Trump verstehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: