Süddeutsche Zeitung

Stiftungen:New York statt Genf

Der frühere Vizekanzler Philipp Rösler wechselt überraschend zum Deutsche-Bank-Großaktionär HNA. Er soll die neue Stiftung des chinesischen Mischkonzerns in New York leiten - ein heikler Job für den früheren Politiker.

Von Caspar Busse, Christoph Giesen, Silvia Liebrich

Der frühere Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), 44, wechselt überraschend zum Deutsche-Bank-Großaktionär HNA. Für den chinesischen Mischkonzern werde er als Chef dessen neue gemeinnützige Stiftung aufbauen, hieß es am Dienstag aus informierten Kreisen. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über die Personalie berichtet. Seinen Posten beim World Economic Forum in der Schweiz gibt er demnach auf.

Rösler soll bereits in den kommenden Wochen die Leitung der Hainan Cihang Charity Foundation übernehmen. Die in New York ansässige Organisation ist mit 29,5 Prozent der größte Einzelaktionär des HNA-Konzerns. Das chinesische Unternehmen hat in den vergangenen zwei Jahren rund 50 Milliarden Dollar für Übernahmen in der ganzen Welt ausgegeben und hat Anteile an Logistikunternehmen, Hotels und Banken erworben. Mit 9,9 Prozent ist HNA seit diesem Frühjahr der größte Anteilseigner der Deutschen Bank.

Aufgrund seiner undurchsichtigen Struktur steht HNA seit Monaten in der Kritik. Bis zum Sommer etwa hielt ein Mann namens Guan Jun jene Anteile, die nun der New Yorker Stiftung übertragen werden. Viel spricht dafür, dass es sich um einen Strohmann gehandelt hat. HNA-Vorstandschef Adam Tan teilte damals mit, Guan Jun habe die Anteile nicht wirklich besessen, sondern nur "für uns gehalten". Wer genau mit "uns" gemeint ist, bleibt unklar. Die Schweizer Übernahmekommission hat das Unternehmen deshalb um Aufklärung gebeten.

Rösler soll bereits Anfang 2017 von HNA angesprochen worden sein. Mit dem operativen Geschäft von HNA habe Rösler in seiner neuen Aufgabe formal nichts zu tun, heißt es. "Das ist eine große Chance für ihn", hieß es aus informierten Kreisen. Die Trennung vom Weltwirtschaftsforum in Genf erfolge "in gutem Einvernehmen". Dort war Rösler seit 2014 Vorstandsmitglied, für politische Beziehungen zuständig und damit der inoffizielle Außenminister des Forums.

Rösler waren zuletzt auch Ambitionen auf den Chefsessel des Weltwirtschaftsforums nachgesagt worden. Doch da kam er nicht zum Zuge, sondern der ehemalige norwegische Außenminister Borge Brende. Auf dem kommenden Weltwirtschaftforum im Januar in Davos werde Rösler schon nicht mehr in offizieller Funktion auftreten, hieß es.

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SZ vom 08.11.2017
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