Stiftung Familienunternehmen protestiert:Lobby gegen Rettungsschirm formiert sich

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Der neue Rettungsfonds ESM soll Europa krisenfest machen, aber er kommt mit einem Preis: Deutschland haftet mit Milliarden. Das ruft Widerstand auf den Plan. Die Stiftung Familienunternehmen appelliert an den Bundestag, das Projekt in letzter Minute zu stoppen.

Marc Beise

Vor einem Jahr haben sie sich das erste Mal mit einer "Berliner Erklärung" zur Wort gemeldet, jetzt legen sie nach: Viele Familienunternehmer, darunter Mittelständler von Weltgeltung, treibt die Sorge um die deutschen Finanzen um. Sie wollen den Euro behalten, beteuern sie, halten aber die unentwegten Berliner Hilfszusagen an die strauchelnden Euro-Staaten für verhängnisvoll.

Namentlich der neue dauerhafte Rettungsschirm ESM, über den Bundestag Ende Juni beschließen will, könnte ins Verderben führen. Das ist der Tenor einer neuen "Zweiten Berliner Erklärung" der "Stiftung Familienunternehmen" (hier online).

Die Familienunternehmer appellieren dringend an die Volksvertreter, den dauerhaften Rettungsschirm ESM "in der vorliegenden Form nicht passieren zu lassen". Denn damit würde zusätzlich zu den bereits bestehenden Verpflichtungen weiteres Kapital und Garantien in der Höhe von 700 Milliarden Euro eingesetzt, ohne dass die deutschen Interessen ausreichend berücksichtigt wären.

Der ESM-Vertrag war auf dem EU-Gipfel vom 21. Juli 2011 beschlossen worden, er soll bis Mitte 2012 von den Parlamenten der einzelnen Staaten ratifiziert werden und würde nach einem Jahr paralleler Geltung den provisorischen Rettungsschirm EFSF ersetzen, der im Juni 2013 ausläuft. Wesentliche Maßnahmen des ESM sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete Mitgliedstaaten.

"Kompliziertes Vertragswerk aus der Feder einer US-Großkanzlei"

Das Ganze sei so kompliziert, klagen die Familienunternehmer, dass auch viele Abgeordnete den Überblick über den Umfang der eingegangenen Verpflichtungen und Garantien längst verloren hätten, "sodass sie das hochkomplizierte Vertragswerk aus der Feder einer amerikanischen Großkanzlei gern vom Tisch haben wollen, koste es, was es wolle. Das darf nicht sein", sagt der Stuttgarter Rechtsanwalt Brun-Hagen Hennerkes, Gründer und Vorstand der Stiftung, die etwa 350 der größten Unternehmen im Familienbesitz vertritt. Zu den Stiftern gehören zum Beispiel Brandt Zwieback-Schokoladen, Kärcher, das Bankhaus Metzler, Haniel, Henkel, Katjes, Knauf und die Würth-Gruppe.

Die neue Erklärung verweist besonders auf eine bisher kaum beachtete Bestimmung des Vertragsentwurfs, die der milliardenschweren Institution Immunität verleiht. Gerichten soll es verwehrt sein, auf Personal, auf Vermögen und auf Unterlagen des ESM zuzugreifen, es sei denn, Gremien des Rettungsschirms selbst würden einen solchen Zugriff ausdrücklich gestatten. Für die Familienunternehmer heißt das: "In Luxemburg entsteht eine riesige Black Box, welche die Euro-Retter persönlich jeder Verantwortung entzieht, obwohl diese über enorme finanzielle Risiken zu entscheiden haben. Wer die Folgen seines Tuns nicht zu fürchten hat, der lässt schnell die erforderliche Sorgfalt außer Acht."

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