Jedes Jahr stellt der Bund der Steuerzahler sein neues „Schwarzbuch“ vor. Darin listet die Lobbyorganisation, die sich für einen schlanken Staat einsetzt, der seine Ausgaben zurückfährt, 100 Fälle auf, in denen ihrer Meinung nach Steuergeld verschwendet wurde – beispielsweise bei Fehlplanungen in Bund, Ländern und Kommunen. Die Organisation will so zeigen, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht ist.
Kleinerer Bundestag, höhere Kosten
So zeigt sich nach Ansicht des Steuerzahlerbundes im Regierungsbetrieb ein paradoxer Effekt: Die Zahl der Abgeordneten im Bundestag wird kleiner, die Kosten des Bundestags-Etats aber höher. 2023 habe der Bundestag erstmals mehr als eine Milliarde Euro gekostet; 2025 könnten es 1,2 Milliarden Euro werden. Und all das nur, weil die Bundesministerien „im unmittelbaren Bundestagsumfeld“ versuchten, „ihr Beamtenheer mit zusätzlichen Büroflächen zu versorgen“, so heißt es im Schwarzbuch. Das Kanzleramt erweitere seinen Dienstsitz um weitere 400 Büros. Das kostet mehr als 800 Millionen Euro. Der Bundespräsident lasse sich einen neuen Interimssitz mit 180 Büros bauen, und wenn die Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses ihren Betrieb aufnimmt, werden 300 Büros mehr vorhanden sein. In der neuen Legislaturperiode könnte jeder Abgeordnete vier statt drei Büros erhalten, heißt es im Bericht.
Sprachenvielfalt in Berlin
In Berlin gibt es eine neue Baustelle. Aber nicht dort, wo mancher sich das vielleicht erhofft hatte, zum Beispiel um neue Wohnungen zu schaffen. Für ausbauwürdig hat das Berliner Abgeordnetenhaus das zentrale digitale Landesportal „Berlin.de“ erachtet, und zwar bei der Sprachenvielfalt. Bislang wird die Website in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch angeboten. Nun soll sie mindestens um Türkisch, Arabisch, Russisch, Polnisch und Ukrainisch erweitert werden. Die Kosten der Übersetzungssoftware schätzt der Senat auf 60 000 bis 65 000 Euro pro Jahr. Der Steuerzahlerbund fragt sich indes, ob die Abgeordneten überhaupt schon einmal einen Browser geöffnet haben. Viele dieser Programme wie Chrome oder Edge könnten Webseiteninhalte mittlerweile in viele Sprachen übersetzen. Einen digitalen Turm von Babel müssten die Berliner Abgeordneten, so der Steuerzahlerbund, nicht bauen.
Klärschlammanlage außer Betrieb
Weiter von Berlin nach Koblenz. Mit einer sogenannten Klärschlammversorgungsanlage wollte die dortige Stadtverwaltung, so heißt es im Schwarzbuch, die CO₂-Emissionen ihres Klärwerks senken und Abfall in brennbares Gas, Strom und Wärme verwandeln. Nicht berücksichtigt habe die Stadt aber offenbar, dass die Schlamm- und Abwassermengen in den vergangenen Jahren abgenommen haben und für den Betrieb der Anlage nicht ausreichen. 2022 sei sie umgerechnet weniger als 42 volle Tage gelaufen, ein Jahr später wurde sie ganz stillgelegt. Gesamtkosten knapp 18 Millionen Euro, plus 220 000 Euro Wartungskosten pro Jahr, um die Anlage betriebsfähig zu halten. Ein Fiasko, schreibt der Bund der Steuerzahler. Die Stadt Koblenz sagt, dass die Außerbetriebnahme der Anlage nur „vorläufig“ sei. Man prüfe eine „Fremdschlammannahme“.
Ausgedruckte Quittung
Um Bürgerinnen und Bürgern, die von der Polizei kontrolliert wurden, die Möglichkeit zu geben, sich zu beschweren, hat die Behörde des Bremer Innensenators eine digitale Anwendung entwickelt und zusätzlich 100 mobile Drucker angeschafft. Mit denen kann auf Wunsch der Kontrollierten eine Quittung über die Kontrolle ausgestellt werden. Das Ganze war als Schutz vor einer möglichen Voreingenommenheit der Polizei gegenüber den Betroffenen gedacht und sollte den späteren Rechtsschutz gegen eine ungerechtfertigte polizeiliche Maßnahme erleichtern.
208 000 Euro kostete die Quittungsinnovation, hat der Steuerzahlerbund herausgefunden, und kam seit 2021 lediglich in 32 Fällen zum Einsatz. Eine gedruckte Quittung kostete also 6500 Euro, rechnet der Bund der Steuerzahler vor. Die ersten Quittungen wurden freilich noch von Hand erstellt, weil der Polizei zum Inkrafttreten des Quittungsanspruchs die entsprechenden Geräte fehlten. „Dieser Fall zeigt deutlich, wo in Bremen die Prioritäten liegen. Bis heute sei die Polizei dort wegen fehlender EC-Kartenlesegeräte nicht in der Lage, Verwarngelder vor Ort bargeldlos zu kassieren, wodurch der Stadt jedes Jahr Einnahmen entgehen“, schreibt die Lobbygruppe.
