Steuervermeidung:Elf Punkte gegen Apple

Apple

Rechnet sich Apple künstlich arm? Das soll nun in Berlin geprüft werden.

(Foto: Maja Hitij/dpa)

Wirtschaftsminister Gabriel will die Steuerflucht großer Konzerne unterbinden und eine Agenda für eine faire Unternehmensbesteuerung vorlegen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) möchte den Kampf gegen die Steuervermeidungspraktiken großer Konzerne weiter forcieren. Aus Anlass der Entscheidung der EU-Kommission, den Computerhersteller Apple zur Nachzahlung vermiedener Steuern zu zwingen, will Gabriel eine "11-Punkte-Agenda für eine faire Unternehmensbesteuerung in Deutschland und Europa" vorlegen. "Wir müssen die aggressiven Steuervermeidungsmodelle global agierender Konzerne effektiver bekämpfen, in Deutschland und in Europa", sagte Gabriel der Süddeutschen Zeitung. Es klaffe "eine eklatante Gerechtigkeitslücke, wenn Arbeitnehmer und kleine und mittelständische Unternehmen jeden Monat brav ihre Steuer zahlen, während große Konzerne ihre Steuerschuld durch komplizierte Geschäftsmodelle künstlich klein rechnen". Der Fall Apple zeige, "hier müssen wir aktiv werden".

Das Bundeswirtschaftsministerium setzt in dem Maßnahmenkatalog auf mehr Transparenz, Aufklärung und Kontrolle durch nationale Finanzverwaltungsbehörden. Gabriel plädiert zudem für die Einführung eines europaweiten Mindeststeuersatzes bei der Körperschaftsteuer.

Anders als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) plädiert Gabriel dafür, die Geschäfte internationaler Konzerne transparenter zu machen. "Wir brauchen für große, international agierende Unternehmen ein öffentliches Berichtssystem, in dem die Unternehmen darlegen, in welchen Staaten sie wie viele Steuern zahlen, fordert Gabriel. Legitime Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bleiben dabei berücksichtigt.

Schäuble hatte sich zuletzt in Brüssel bei den Verhandlungen der europäischen Finanzminister über Maßnahmen gegen Steuerflucht dafür eingesetzt, dass internationale Unternehmen ihre Bilanzen nur Steuerbehörden, nicht aber öffentlich transparent machen müssen. Er begründet das mit dem Steuergeheimnis, was anders als das Bankgeheimnis weiter gilt.

Das Bundeswirtschaftsministerium fordert konkret das Bundeszentralamt für Steuern und das Bundesfinanzministerium auf, nachzuprüfen, ob sich internationale Konzerne wie Apple "künstlich arm" rechnen. Das Bundesfinanzministerium müsse über die Landesfinanzverwaltungen mindestens einen Unbedenklichkeitsnachweis der von den Konzernen deklarierten Ergebnisse nachweisen - oder aber Steuern nachfordern.

Europaweit muss der Steuervollzug gestärkt werden. Deutschland solle bundesweit einheitliche Prüfungsstandards einführen, regelmäßige Betriebsprüfungen sowie Steuerprüfungen bei Unternehmen und Vermögenden, die im Nicht-EU-Ausland Geschäfte machen.

Um den Wettbewerb um Standortvorteile über Steuervergünstigungen für Unternehmen innerhalb der Europäischen Union zu entschärfen, fordert Gabriel, die Verhandlungen über gemeinsame Grundlagen zur Bemessung der Körperschaftssteuer wieder aufzunehmen. Da Steuergesetze in Europa einstimmig beschlossen werden müssen, sind alle bisherigen Versuche, eine solche einheitliche Bemessungsgrundlage einzuführen, gescheitert. Gabriel will zudem die Kooperation nationaler Steuerverwaltungen bei der Prüfung multinationaler Konzerne verstärken. Er fordert, die Regelungen für eine ermäßigte Besteuerung von Lizenzeinnahmen zu vereinheitlichen. Also für solche Lizenzeinnahmen, die auf Forschungsleistungen im eigenen Land basieren.

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