House-Recht:Bundesfinanzhof stellt fest: Techno ist Musik

The Wider Image: Berlin: the party goes on

Das Berghain in Berlin: Wenn die Musik im Vordergrund steht, dann gibt es auch einen Steuerbonus auf den Eintritt.

(Foto: HANNIBAL HANSCHKE/REUTERS)

Techno- und House-Veranstaltungen wie etwa im Berliner Club Berghain sind Konzerte - zumindest fürs Finanzamt.

Von Stephan Radomsky

Ist Techno wirklich Musik? Ist es ein Konzert, wenn ein DJ auflegt? Und warum müssen ausgerechnet Deutschlands oberste Steuerrichter das entscheiden? Nun ja: Weil der Staat auch seinen Anteil an den Einnahmen solcher Veranstaltungen haben will. Fragt sich nur, wie viel ihm zusteht.

Nun gelten Juristen ja nicht unbedingt als die Berufsgruppe mit dem ausgeprägtesten Hang zum Bumm-Bumm. Trotzdem hat der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei nun veröffentlichten Urteilen für die Clubs entschieden. Techno- und House-Veranstaltungen können demnach sehr wohl "Konzerten vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler" sein, damit wird auf die Eintrittskarten nur die ermäßigte Umsatzsteuer fällig (Az.: V R 16/17 und V R 17/17). In einem der Fälle ging es um den Berliner Club Berghain, im anderen um eine Veranstaltung in Sachsen.

Ob es den Steuerbonus gibt, hängt demnach nicht davon ab, ob Instrumentalisten oder Sänger auf der Bühne stehen, sondern ob die Musik aus der Sicht eines "Durchschnittsbesuchers" den eigentlichen Zweck der Veranstaltung darstellt. Sonst nämlich ginge es vor allem ums Tanzen und ums Feiern und es wäre die volle Umsatzsteuer fällig. Keine Rolle spielt dagegen, ob - wie in den entschiedenen Fällen - die Einnahmen an der Bar die Eintrittserlöse übersteigen. Wichtig ist, ob die Gäste der Musik wegen kamen.

Dann können auch Plattenteller, Mischpult und CD-Player als Instrumente gelten, zumindest wenn sie "zum Vortrag des Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden". Und das sei, entschieden die Richter, in beiden Fällen der Fall gewesen: "Die DJs spielen somit nicht nur fremde Tonträger ab, sondern führen eigene neue Musikstücke auf, indem sie Instrumente im weiteren Sinne nutzen, um Klangfolgen mit eigener Prägung zu erzeugen." Auf Umwegen stellt der BFH also fest: Techno ist Musik und der DJ ist Musiker. Und das ganz ohne Ortstermin.

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