Steuern:Internetkonzerne sollen zahlen

Große Internetkonzerne zahlen in der EU derzeit viel weniger Steuern als andere Unternehmen. Die EU-Kommission will das ändern.

Von Christian Gschwendtner, Brüssel

Im Ringen um eine stärkere Besteuerung von Internetkonzernen will die EU-Kommission zweigleisig fahren. Hauptziel ist es, auf internationaler Ebene eine Steuer-Neuregelung zu erreichen. Sollte dies bis Ende Dezember nicht gelingen, weil sich innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kein Mehrheit findet, will die Kommission im Frühjahr einen eigenen Gesetzesentwurf vorlegen. "Wir haben nicht die Absicht, das jahrelang zu diskutieren", sagte Kommissions-Vizepräsident Vladis Dombrovskis am Mittwoch in Brüssel.

Denkbar wäre dann, dass Unternehmen wie Google, Facebook und Apple in Europa künftig auf ihren Umsatz Steuern zahlen müssen. Dadurch soll verhindert werden, dass Gewinne weiter künstlich klein gerechnet werden und dem Fiskus Einnahmen in Milliardenhöhe entgehen. Mit einem entsprechenden Vorschlag war am vergangenen Wochenende eine Gruppe von EU-Finanzministern bei einem Treffen in Tallinn vorgeprescht - vorneweg die Minister aus Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien. Die Kommission griff die Idee am Mittwoch auf. Sie stellte aber noch zwei weitere Möglichkeiten vor, mit denen man die Internetriesen kurzfristig stärker zur Kasse bitten könnte: eine Transaktionssteuer auf Internetdienstleistungen und eine Steuer auf digitale Werbeeinnahmen. "Steuern müssen dort gezahlt werden, wo die Gewinne anfallen", sagte Vizekommissionpräsident Dombrovskis. Ansonsten drohe der Binnenmarkt langfristig auseinanderzufallen.

Der effektive Steuersatz von traditionellen, grenzüberschreitend tätigen Unternehmen beträgt der EU-Kommission zufolge durchschnittlich 23,2 Prozent. Dagegen kämen international tätige Digitalfirmen nur auf eine Besteuerungsquote zwischen 8,9 und 10,1 Prozent.

Unklar ist, ob sich innerhalb der EU überhaupt eine Mehrheit für die Pläne der Kommission findet. Luxemburg, Malta, Dänemark, Schweden und Irland stehen dem Vorhaben äußerst kritisch gegenüber. Sie fürchten einen Standortnachteil, wenn die EU international einen Alleingang unternimmt. Sollte es dabei bleiben, könnte die Steuerreform nur über die sogenannte verstärkte Zusammenarbeit eingeführt werden. Dafür müsste sich eine Gruppe von neun willigen Mitgliedsstaaten finden. Ein Weg, den man schon einmal beschritten hatte, nachdem sich keine Mehrheit für die Finanztransaktionssteuer fand, und der sich bisher noch nicht bewährt hat.

Dombrovskis gab zu, dass Gegenstrategien für das Digital-Problem noch Zeit benötigten. Die Vollendung des digitalen Binnenmarkts ist eine der Prioritäten der Kommission. Sie weist darauf hin, dass die EU-Wirtschaftsleistung dadurch um 415 Milliarden Euro pro Jahr steigen könnte - mit entsprechend positiven Auswirkungen.

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