Die Pläne von CDU, CSU und FDP für eine stärkere steuerliche Förderung von Familien stoßen bei Fachleuten auf harsche Kritik. Das Konzept der Union koste Milliarden, bevorzuge Gut- und Spitzenverdiener und halte Frauen davon ab, nach der Geburt eines Kindes in den Job zurückzukehren, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird ( hier als PDF). In dem Papier räumt das DIW auch mit der Behauptung auf, in Frankreich würden Familien steuerlich deutlich besser behandelt als in Deutschland. Das Gegenteil sei der Fall, so die Forscher.
In ihren Wahlprogrammen sprechen sich Union und FDP dafür aus, das Ehegattensplitting zu einer Art Familiensplitting weiterzuentwickeln. Die Idee stammt aus Frankreich, wo die Finanzämter das Familieneinkommen rein rechnerisch nicht nur auf die Ehepartner, sondern auch auf die Kinder verteilen. Dadurch sinkt für die Familie insgesamt die Steuerlast. Union und FDP orientieren sich allerdings weniger an diesem Modell, sondern wollen den steuerlichen Grundfreibetrag für Kinder von 7008 Euro im Jahr auf das Erwachsenenniveau von demnächst 8354 Euro anheben. CDU und CSU planen parallel eine Erhöhung des Kindergelds um 35 Euro. Für das erste und zweite Kind würden Eltern damit je 219, für das dritte 225 und für jedes weitere Kind 250 Euro im Monat erhalten.
Ungleiche Verteilung
Das DIW hat in seinem neuen Wochenbericht das Konzept der Union näher untersucht. Demnach würden Familien durch die Reform im Schnitt um 700 Euro entlastet. Die Verbesserungen wären jedoch sehr ungleich verteilt: Während Geringverdiener nur 300 Euro mehr im Jahr hätten, kämen Bezieher durchschnittlicher und hoher Gehälter auf bis zu 866 Euro. Komplett leer gingen Familien aus, die Hartz IV beziehen. Sie profitierten naturgemäß weder vom höheren Freibetrag noch von der Anhebung des Kindergelds, weil Letzteres auf ihre Sozialleistungen angerechnet wird. "Erhöhungen des Kindergelds werden diesen Familien also direkt wieder weggenommen", heißt es in der Untersuchung.
Die Reform würde die öffentlichen Kassen den Angaben zufolge mit mehr als sieben Milliarden Euro im Jahr belasten. Das wäre fast die Hälfte dessen, was der Staat heute für die Subventionierung von Kindertagesstätten ausgibt. Kinderfreibetrag und Kindergeld kosten die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden bisher etwa 40 Milliarden Euro im Jahr.
Ein Familiensplitting nach französischem Vorbild war eine Zeit lang auch von SPD- und Grünen-Politikern propagiert worden, darunter von der heutigen Grünen-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt. Sie alle haben sich jedoch längst von der Idee verabschiedet, vor allem wegen des Gerechtigkeitsaspekts. Laut DIW-Studie ist auch die Vermutung falsch, das französische Familiensplitting sei sehr viel generöser als die steuerliche Familienförderung in Deutschland. Vielmehr würden Familien hierzulande steuerlich deutlich besser behandelt, weil der Steuervorteil für Kinder in Frankreich gedeckelt sei, heißt es in der Untersuchung des Berliner Instituts.