Steuerflucht:Walmart soll Milliarden in Steueroasen verstecken

Shoppers cart their purchases from a Wal-Mart store in Alexandria, Virginia

Ein Walmart-Laden in Alexandria, Virginia, im Jahr 2009.

(Foto: REUTERS)
  • Der Konzern Walmart soll in 15 Steueroasen mindestens 76 Milliarden Dollar deponiert haben - das geht aus einer Studie hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
  • In all den Ländern, darunter auch europäische, betreibt das Unternehmen keinen einzigen Laden.

Von Alexander Hagelüken

Der amerikanische Walmart-Konzern steht in vielen Disziplinen weltweit ganz oben. Nach der Rangliste des US-Magazins Fortune ist der Einzelhändler die größte Firma der Welt, vor einigen Öl- und Finanzfirmen. Der 1962 von dem knorrigen Sam Walton gegründete Konzern fällt seit langem durch niedrige Preise und ebenso niedrige Löhne auf. Nun legt eine neue Untersuchung nahe, dass der Supermarktriese mit 2,2 Millionen Beschäftigten auf dem ganzen Globus in einer besonders verschwiegenen Disziplin spitze ist: Beim Vermeiden von Steuern.

Walmart soll in einem bisher verborgenen globalen Netzwerk in 15 Steueroasen Vermögenswerte von mindestens 76 Milliarden Dollar deponiert haben, ermittelt die amerikanische NGO "Americans for TaxFairness" in einer Studie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. In all diesen Ländern, darunter sieben aus Europa, betreibt der Konzern keinen einzigen Laden. Der Vorwurf: Walmart benutzt dieses System womöglich, um Steuern in den USA und anderen Staaten etwa in Europa zu vermeiden, in denen es tatsächlich Supermärkte hat. Laut Studie gehören fast alle der 27 operativen Walmart-Töchter außerhalb der USA Dependancen in Steuerparadiesen, darunter das wichtige Geschäft in Großbritannien, China, Japan und Brasilien. Auf diese Weise seien 90 Prozent der Vermögenswerte von Walmarts internationaler Einheit in Ländern gebunkert, in denen die Finanzbehörden wenig Forderungen haben.

Eine zentrale Rolle spielt erneut: Luxemburg

Zentral bei dem Konstrukt ist erneut Luxemburg, dessen konzernfreundliche Politik bereits Ende 2014 von einem weltweiten Medienverbund, unter anderem der Süddeutschen Zeitung, enthüllt wurde. Laut der Studie lagern angeblich in Briefkastenfirmen 64 Milliarden Dollar, in den Niederlanden zwölf Milliarden, weiteres Geld in der Schweiz, Irland und den zu Großbritannien gehörenden Jungferninseln. Eine Strategie ist dabei wie von anderen Konzernen bekannt, Kredite aus den Steueroasen an Staaten zu vergeben, in denen tatsächliche Supermärkte stehen - und die Gewinnsteuern dann durch Zinszahlungen an die Steueroasen zu verringern. Auf diese Weise könnten auch europäischen Staaten Einnahmen entgangen sein.

Die deutlichsten Hinweise gebe es darauf im Umfeld von Asda, der zweitgrößten britischen Supermarktkette. Sie gehört seit mehr als 15 Jahren Walmart. Nach Analyse der Finanzberichte von Asda-Firmen erhebt die Studie den Vorwurf, das Unternehmen habe in Großbritannien zwischen 2004 und 2013 850 Millionen Dollar Steuern vermieden. Der Trick: In diesem Zeitraum sei fast ein Viertel der Gewinne der Asda-Gruppe nach Luxemburg transferiert worden, als Zinszahlungen, die sich von der Steuer abziehen lassen. Auf diese Zahlungen habe man dann in Luxemburg nur 0,55 Prozent Steuern zahlen müssen, jedenfalls, wenn man das letzte Jahr zugrunde legt, für das Finanzberichte erhältlich sind. Asda lehnte eine Stellungnahme ab, von Walmart war zunächst keine Antwort auf die Vorwürfe zu erhalten.

Walmart betreibt in Luxemburg nicht mal einen Kiosk - aber 22 Briefkastenfirmen

Die TaxFairness-NGO fordert die EU-Kommission auf, in einem Verfahren zu untersuchen, ob Luxemburg Walmart eine illegale Beihilfe gewährt hat. Eine Forderung, die der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold unterstützt: "Nicht nur Internet-Firmen betreiben über Luxemburg aggressive Steuervermeidung. Auch Walmart nutzt die Steueroase, um Gewinne von 1,3 Milliarden Euro mit weniger als einem Prozent zu versteuern. Walmart betreibt in Luxemburg nicht mal einen Kiosk, aber 22 Briefkastenfirmen". Giegold forderte Luxemburg auf, die Vereinbarungen mit dem Konzern zu veröffentlichen.

"Es ist skandalös, dass die Öffentlichkeit auf Whistleblower und Gewerkschaften angewiesen ist, um Steuertransparenz herzustellen. Es wird Zeit, dass Transparenz in Steuerfragen für Großunternehmen verbindlich wird. Die schwarz-rote Bundesregierung leistet hier weiterhin Widerstand."

Stark betroffen von der Strategie könnten auch ärmere Entwicklungsländer sein, deren Walmart-Supermärkte ebenfalls Dependancen in Steuerparadiesen gehören. Und die USA selbst, das Mutterland des Konzerns, wo der Handelsgigant normalerweise Steuern auf ausländische Erträge zahlen muss. Walmart aber sammelt ausländische Erlöse an, in Luxemburg verdoppelte sich die Summe von 2008 bis 2015 auf 23 Milliarden Dollar, und bezeichnet sie als "unbefristet reinvestiert". Gleichzeitig nahmen die Investitionen im Ausland über den gleichen Zeitraum ab. "Das legt nahe", schreiben die Autoren der Studie, dass Walmart die Gewinne ansammelt und darauf wartet, sie wieder in die USA zu transferieren, wenn eine neue Gesetzgebung ermöglicht, auf die Gewinne nur geringe Steuern zu zahlen".

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