Steuerflucht von Konzernen:Grüne wollen Reiche mit neuer Spezialeinheit von Steuerfahndern überprüfen

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Was die Finanzverwaltungen der Bundesländer bei Steuerprüfungen an Personal aufbieten können, ist mickrig. Denn die Konzerne kämpfen mit ganz anderen Waffen. Das soll sich nach dem Willen der Grünen ändern.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Wenn ein deutsches Finanzamt vier Mitarbeiter zur Überprüfung einer Großbank schickt, so hat ein erfahrener Steuerfahnder dieser Tage geklagt, dann bekämen es diese vier armen Menschen auf der Gegenseite meist mit einem ganzen Bataillon von Rechtsanwälten und Finanzoptimierern zu tun. Drei- bis vierhundert solcher externen Berater seien keine Seltenheit. Selbst wenn also die staatlich bestellten Kontrolleure die besten sind, die eine lokale Finanzverwaltung aufzubieten hat, kann von Waffengleichheit nicht annähernd die Rede sein.

Das zeigen auch die jetzt bekannt gewordenen Tricksereien großer deutscher Konzerne im Steuerparadies Luxemburg: "Es ist bezeichnend, dass es nicht deutsche Steuerfahnder sind, die die milliardenschweren Steuerumgehungen aufdecken, sondern Whistleblower und Medien", sagte die steuerpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus, der Süddeutschen Zeitung.

Bund bisher nur Zaungast

Paus und ihre Partei wollen diese Ohnmacht des Staates nicht länger hinnehmen. Sie fordern, dass Konzerne und reiche Bürger sämtliche Steuergestaltungsmodelle künftig bei der Finanzverwaltung anmelden und überdies ihre Steuererklärung von einer neu zu schaffenden Spezialeinheit der Bundesregierung überprüfen lassen müssen. Bisher ist der Bund im Kampf gegen Steuerhinterzieher und Steuertrickser nur Zaungast, weil Vollzug und Prüfung in Deutschland Ländersache ist. "Die Luxemburg-Leaks zeigen: Die Steuerfachleute der großen Unternehmensberatungen tanzen den hiesigen Steuerbehörden auf der Nase herum", so Paus.

Die Forderung der Expertin hat durchaus Gewicht, weil die Grünen sie in die laufenden Verhandlungen über die Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern einbringen wollen. In diesen Gesprächen ist die Partei ein wichtiger Akteur, da sie an acht der 16 Landesregierungen beteiligt ist. Damit kann sie im Bundesrat Beschlüsse jeder Art blockieren.

Nach den Plänen der Grünen muss die neue Spezialeinheit des Bundes "personell und technisch auf Augenhöhe mit den Steuerabteilungen der Konzerne" sein. Zu ihren Aufgaben würde es gehören, Informationen darüber zu sammeln, was genau ein Konzern im Ausland tut und wie diese Tätigkeiten dort besteuert werden. Außerdem soll sie "Steuerhinterziehung und Steuervermeidung wissenschaftlich analysieren, um Abwehrstrategien und Empfehlungen für die Politik zu entwickeln".

Steuererhebung den Bundesländern entreißen

Die Idee der Spezialeinheit ist dabei für die Grünen nur der Anfang. Mittelfristig will die Partei den Ländern die Steuererhebung und -prüfung komplett entreißen und stattdessen eine Bundessteuerverwaltung einrichten. Das bisherige System führe zu "erheblichen Koordinierungsproblemen, Informationsverlusten und Anreizproblemen", heißt es in einem Beschluss der Bundestagsfraktion. Auch würden die Bürger von den Finanzämtern unterschiedlich behandelt, weil ihre Angaben in manchen Ländern sehr streng, in anderen wiederum fast gar nicht überprüft würden.

Vor allem aber: Weil alle Steuereinnahmen nach starren Quoten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt werden, hat ein Landesfinanzminister kaum eine Veranlassung, zusätzliche Prüfer und Fahnder einzustellen. Die Gelder, die diese Beamten eintreiben könnten, müsste er nämlich zum größten Teil wieder abgeben.

Die Bundesregierung steht dem Vorschlag einer Bundessteuerverwaltung prinzipiell aufgeschlossen gegenüber, hat aber Zweifel, ob die Länder zum Kompetenzverzicht bereit sind. Den Gedanken einer Spezialeinheit für "große" Steuerfälle müsse man erst genauer prüfen, heißt es im Haus von Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU).

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Auf weniger Begeisterung dürfte dort die Idee der SPD stoßen, die Vorgänge in Luxemburg von einem Sonderermittler des EU-Parlaments oder des Europäischen Rats untersuchen zu lassen. Eine solche Inspektion sei allein deshalb nötig, um den neuen Kommissionspräsidenten und früheren luxemburgischen Premierminister Jean-Claude Juncker "vor Befangenheit zu schützen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Carsten Schneider der SZ.

"Der Ermittler müsste sich gar nicht auf Luxemburg beschränken. Er sollte vielmehr auch in anderen Ländern nach Defiziten im Steuervollzug fahnden und Vorschläge machen, wie sie behoben werden können", so Schneider. "Das gilt ausdrücklich auch für mögliche Defizite in Deutschland." Auch hierzulande gebe es im Bereich der Finanzverwaltung sicher Verbesserungsbedarf.

© SZ vom 10.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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