Steuerfahndung:Razzia in der Karibik

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Deutsche Ermittler haben nicht nur im Heimatland, sondern inzwischen auch weltweit Erfolg. Immer mehr Verdächtige packen aus.

Von Klaus Ott, München

Im Oktober 2014 wurden mehrere Beamte des Königlichen Polizeidienstes der Kaiman-Inseln in der Karibik mit einem ebenso überraschenden wie ungewöhnlichen Ansinnen bei einer der vielen, dort registrierten Firmen vorstellig. Die Ermittler, die einer Spezialeinheit für Finanzstraftaten angehörten, überreichten einen Durchsuchungsbefehl des Obersten Gerichtshofes der Inselgruppe. Die Firma, die sich in dem Steuerfluchtort offenbar vor Nachforschungen sicher gefühlt hatte, musste daraufhin diverse Unterlagen herausrücken. Die Schriftstücke landeten wenige Monate später beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, das zusammen mit der Staatsanwaltschaft Köln Cum-Ex-Aktiendeals untersucht.

Die nordrhein-westfälischen Ermittler hatten die Durchsuchung auf den Kaiman-Inseln beantragt. Wegen des Verdachts, Kapitalanlagefonds und Banken hätten ein Komplott geschmiedet, um den deutschen Fiskus mit falschen Steuererstattungsansprüchen zu betrügen. So trug es der Königliche Polizeidienst laut Niederschriften dem zuständigen "ehrenwerten Richter" auf den Kaiman-Inseln vor, der die Durchsuchung genehmigte. Das Beispiel zeigt: Deutsche Fahnder, die mutmaßliche Steuerstraftaten verfolgen, haben inzwischen weltweit Erfolg. Das führt dazu, dass jetzt immer mehr Cum-Ex-Akteure bei der Staatsanwaltschaft Köln vorstellig werden, um reinen Tisch zu machen. Darunter auch Börsenhändler aus dem Ausland, die noch vor wenigen Jahren einigermaßen sicher sein konnten, dass ihnen am Persischen Golf oder anderswo nichts widerfährt. Weil die deutsche Justiz dort keinen Zugriff hatte.

Diese Zeiten sind vorbei. Der hohe, weltweite Ermittlungsdruck der Behörden aus Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Herbst einen ersten Cum-Ex-Akteur zum Auspacken bewogen. Weitere Insider folgen ihm derzeit. Nachdem das vergangene Woche bekannt geworden war, haben sich inzwischen die nächsten Verdächtigen gemeldet, die aussagen wollen. Mit der Folge, dass sich in Köln beziehungsweise in Düsseldorf inzwischen nur noch schwer neue Vernehmungstermine für das Frühjahr vereinbaren lassen, weil die Ermittler kaum noch hinterher kommen. Nur bei vielen Banken, die nach Erkenntnissen in die Cum-Ex-Deals verwickelt sind, hapert es noch stark mit der Kooperation.

In einem anderen großen Fall haben es die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt und die Steuerfahndung bereits geschafft, viele Verdächtige auch aus dem Ausland vor Gericht zu bringen und lange Haftstrafen von bis zu acht Jahren zu erwirken.

Ein krimineller Ring von Händlern und Bankmanagern hatte 2009 und 2010 den Fiskus beim sekundenschnellen An- und Verkauf von sogenannten Verschmutzungsrechten (CO₂-Zertifikate) um horrende Beträge betrogen. Die Ermittler schafften es, 800 Millionen Euro zurückzuholen. Einen dieser Händler, die vor allem aus Großbritannien, Pakistan, Indien und vom Persischen Golf aus agierten, ließen die deutschen Behörden bei einem Boxkampf in Las Vegas verhaften.

Andere gingen anderswo ins Netz, manche machten sich lieber selbst auf den Weg nach Deutschland, um nicht allzu lange ins Gefängnis zu müssen. Bei Cum-Ex könnte es genauso kommen.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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