Steuererklärung 2006:"Fast immer ein Gewinn"

Die Abgabefrist für die Steuererklärung 2006 läuft Ende Mai aus. Das Ausfüllen lohnt mehr denn je: Noch nie gab es bei den Steuern so viele Vergünstigungen wie für das Jahr 2006. Einige davon zum letzten Mal.

Peter Martens

Eigentlich ist alles ganz einfach. Drei wichtige Steuergruppen gibt es für Verbraucher im deutschen Steuerrecht: Die Einkommenssteuer, die Konsumsteuer und die Vermögenssteuer. Daraus leiten sich insgesamt etwa 34 Steuerarten ab.

Damit hängen einige der Ausgaben zusammen, die Steuerzahler bei der jährlichen Steuererklärung geltend machen können. Die absetzbaren Ausgaben wiederum unterteilen sich in vier Kategorien: Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und haushaltsnahe Dienstleistungen.

Folgt man dieser grundsätzlichen Einteilung, müsste die berühmte Steuererklärung auf dem Bierdeckel gar nicht so weit hergeholt sein, die der ehemalige Unionsfraktionschef Friedrich Merz seinerzeit forderte. Doch die Realität sieht anders aus.

Baldige Abgabefristen

Es gilt, eine fast unüberschaubare Menge an Regelungen zu beachten. Zunächst die Abgabefrist: Für die meisten Berufe gilt eine allgemeine Frist bis zum 31. Mai 2007 für den Berechnungszeitraum 2006. Wer seine Steuererklärung selbst erstellt, kann den Zeitpunkt mit einem rechtzeitigen Antrag auf Fristverlängerung bis zum 30. September 2007 ohne Begründung verschieben. Wer noch länger braucht, muss das hinreichend begründen.

Falls ein Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein die Steuererklärung erstellt, gilt automatisch die spätere Abgabefrist bis zum 31. Dezember 2007. Mit einem begründeten Antrag kann auch diese Frist letztmalig bis zum 29. Februar 2008 verlängert werden.

Zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind alle Personen, deren Einkünfte über dem Grundfreibetrag liegen. Dieser liegt für das Jahr 2006 bei 7664 Euro (Alleinstehende) und bei 15.329 Euro (Ehepaare).

Fast immer eine Rückzahlung

Eine Übersicht der wichtigsten Vorgaben und Hilfestellung für 2006 bieten die "Zehn Tipps für den Papierkrieg".

Die Zeit fürs Ausfüllen ist gut investiert. Es gibt fast immer eine Rückzahlung, teilt der Bund der Steuerzahler mit. Gerade Arbeitnehmer können außerdem von Pauschbeträgen (zum Beispiel: Arbeitnehmerpauschbetrag) und anderen Abzugsmöglichkeiten profitieren.

Lesen Sie weiter: Was tun bei laufenden Gerichtsprozessen zu neuen Steuerregelungen, sowie: Professionell und preiswert - Lohnsteuerhilfevereine

"Fast immer ein Gewinn"

Einige Regelungen finden 2006 zum letzten Mal Anwendung. Davon ist die Abschaffung der Entfernungspauschale von 2007 an sicher am meisten umstritten. Für das vorige Jahr kann man den Arbeitsweg noch problemlos ab dem ersten Kilometer geltend machen, das Finanzamt erkennt hier eine Pauschale von 30 Cent pro Kilometer an.

Weil noch mehrere Gerichtsurteile zur Entfernungspauschale ausstehen, empfehlen Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine, Belege sicherheitshalber aufzuheben. Im Falle eines positiven Grundsatzurteils lassen sich so die Ausgaben nach den alten Regeln absetzen.

Weitere Änderungen für 2007 betreffen etwa das Kindergeld, haushaltsnahe Dienstleistungen oder den Sparerfreibetrag. Mit diesen Änderungen hat sich das deutsche Steuerrecht keineswegs vereinfacht. Ganz im Gegenteil: Bei 118 Steuergesetzen, 87 Verordnungen und 4000 Erlassen kommen hierzulande mehr als 100.000 Steuervorschriften zusammen.

An den Grenzen des Möglichen

Damit hat Deutschland die höchste Anzahl an Steuergesetzen weltweit. Angesichts dieser Paragraphenlawine wird der Ruf nach Vereinfachung nicht nur auf Seiten des Steuerzahlers immer lauter. Steuerberater ebenso wie Angehörige der Finanzämter wehren sich zunehmend gegen die Anzahl der Vorschriften.

"Was das Steuerrecht angeht, ist ein ganzer Berufsstand an die Grenzen des Möglichen getreten", sagt Reiner Holznagel. Der Bundesgeschäftsführer des Bundes der Steuerzahler spricht im sueddeutsche.de-Interview über die Gründe für die deutschen Komplikationen beim Steuerrecht und über die derzeit laufenden Musterprozesse.

Holznagel begrüßt ausdrücklich das zweiseitige Formular, mit dem man für 2006 erstmals eine gekürzte Steuererklärung abgeben kann: "Das Kurzformular ist ein enormer Fortschritt. Doch wir sind lange nicht am Ende. Es muss noch viel getan werden. Der Gesetzgeber sollte nicht die Formulare vereinfachen, sondern das Steuerrecht."

So kommt die verkürzte Steuererklärung schon dann nicht mehr in Frage, wenn man von den Standardwerten abweicht, wenn es zum Beispiel Mieteinahmen gibt oder Angehörige gepflegt werden.

Professionelle Information: Lohnsteuerhilfevereine

Wer Informationen zu den unzähligen Einzelheiten sucht, findet sie zunächst in Software-Programmen zur Steuererklärung oder in Ratgeberbüchern. Auch hier ist Deutschland Weltmeister: Zwei Drittel aller weltweiten Veröffentlichungen zum Thema Steuern kommen aus Deutschland.

Professionelle Hilfestellung bieten Lohnsteuerhilfevereine oder Steuerberater. Für rund 100 Euro Jahresbetrag beraten zahlreiche Lohnsteuerhilfevereine ihre Mitglieder bei der Erstellung der Steuererklärung, übernehmen die Abwicklung mit dem Finanzamt, helfen bei Rückzahlungen oder Streit.

Allerdings richten sich diese Vereine eher an Arbeitnehmer, Rentner oder Pensionäre: Sie helfen bei der Absetzung von Einkünften ausschließlich aus nichtselbständiger Arbeit oder aus wiederkehrenden Bezügen, etwa der Rente oder der Pension.

Zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung sind erlaubt, jedoch bis zu einer bestimmten Höhe limitiert. So setzt der bundesweit tätige Lohnsteuerhilfeverein Bayern e.V. die Grenze dieser Einkünfte für Ledige auf 9000 Euro und für Verheiratete auf 18.000 Euro.

Unternehmer und Personen mit einem höheren Einkommen werden eher einen Steuerberater bevorzugen. In Deutschland gibt es derzeit knapp 79.000 professionelle Steuerberater, rund 70 Prozent davon als Selbständige.

Lesen Sie weiter: Einen guten Steuerberater suchen und erkennen

"Fast immer ein Gewinn"

Die Suche nach dem guten Steuerberater

Bei der Suche nach dem passenden Steuerberater oder einer Steuerberaterkanzlei können zunächst die Steuerberaterkammern helfen. Regine Kreitz von der Bundessteuerberaterkammer in Berlin verweist auf online abrufbare Listen: "Internet-Suchdienste verzeichnen wachsende Nutzerzahlen. Rund 30.000 Anfragen sind es zum Beispiel beim Steuerberater-Suchdienst der Bundessteuerberaterkammer."

Im Allgemeinen sind Einzelpersonen und kleinere Unternehmen mit einem selbständigen Berater oder einer kleineren Kanzlei gut bedient. Größere Firmen sollten auf den Service einer großen Beratungsgesellschaft zurückgreifen. Letztere beschäftigen zunehmend unterschiedliche Fachspezialisten und sind international vernetzt.

Aktives Informationsverhalten

Wichtig sei auch der persönliche Eindruck, betont Regine Kreitz: "Steuerberatung ist Vertrauenssache und in der Regel eine langfristige Angelegenheit. Mandantenumfragen zufolge wird auch nicht so gern von einem zum anderen Berater gewechselt."

Weitere Anhaltspunkte sind etwa ein aktives Informationsverhalten seitens des Steuerberaters. Ein guter Berater gibt zum Beispiel von sich aus Tipps zu steuergünstigen Vermögensanlagen oder zu Gesetzesänderungen. Im Laufe eines Beratungsgesprächs weist er selbst auf die Kosten hin und informiert auch bei umfangreichen Tätigkeiten vorab, welche Gebühren anfallen. Bei Rückfragen nimmt er sich Zeit und erstellt seine Honorarabrechnung nachvollziehbar und übersichtlich.

Die klassische Methode

Der Vergütungsrahmen für Steuerberater ist in einer Gebührenverordnung gesetzlich geregelt, auch dazu gibt es Informationen von den Steuerberaterkammern. Eine Pauschalierung der Gesamtleistungen ist allerdings ebenso möglich wie eine höhere Vergütung bei schwierigeren Fällen. Dazu der Ratschlag von Regine Kreitz: "Solche Vereinbarungen müssen immer schriftlich getroffen werden."

Doch das Gros der Steuerzahler entscheidet bei der Suche nach einem Steuerberater und der Frage nach seiner Eignung offenbar noch immer ganz klassisch. Regine Kreitz zitiert ein Umfrageergebnis: "Fragt man Mandanten, wie sie ihren Steuerberater gefunden haben, lautet die Antwort zumeist: über persönliche Empfehlung."

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