Steuerdeal:Schweizer Nationalrat lehnt "Lex USA" ab

Die Einigung im Steuerstreit mit den USA steht auf der Kippe: Der Nationalrat, die große Kammer des Schweizer Parlaments, hat das sogenannte "Lex USA" abgelehnt. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat - die Zeit, doch noch eine Lösung zu finden, wird knapp.

Im Steuerstreit zwischen den USA und der Schweiz wird es eng. Der Nationalrat, die große Kammer des Schweizer Parlaments, lehnte am Dienstag in der ersten Lesung mit 126 zu 67 Stimmen ein von der Regierung eingebrachtes Gesetz ab, das den Schweizer Banken einen Freibrief für die Herausgabe von Geschäfts- und Mitarbeiter-Daten an die US-Behörden ausstellen würde.

Die Vorlage des so genannten "Lex USA" geht nun an den Ständerat zurück, der das Gesetz in der vergangenen Woche mit 24 zu 15 Stimmen verabschiedet hatte. Für eine Einigung zwischen National- und Ständerat bleibt nicht mehr viel Zeit: Die laufende Parlamentsperiode endet am Freitag. Die Amerikaner fordern, dass das Gesetz spätestens am 1. Juli in Kraft tritt.

Das US-Justizministerium und die Steuerbehörde IRS werfen Schweizer Finanzinstituten Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor. Sie drohen Banken strafrechtlich zu verfolgen, wenn diese ihre Geschäfte mit reichen Amerikanern nicht offenlegen und zu Geldbußen bereit sind. Ermittlungen laufen bereits gegen rund ein Dutzend Banken darunter Credit Suisse, Bank Bär, die Schweizer Tochter der britischen Großbank HSBC und die Kantonalbanken von Basel und Zürich.

Gegen das Gesetz stimmten Abgeordnete der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), der Sozialdemokraten (SP) und der Freisinnig-demokratischen Partei (FDP). Die Regierung kann nach Ansicht dieser Parteien einzelnen Banken in eigener Kompetenz die Herausgabe der Daten erlauben. Ein Gesetz würde nur andere Länder dazu animieren, ähnliche Forderungen wie die Amerikaner zu stellen, sagte der SVP-Abgeordnete Christoph Blocher. "Dann stehen die nächsten vor der Tür und wollen das Gleiche". Blocher sagte, die Branche müsse nach seinen Informationen mit einer Buße zwischen acht und zehn Milliarden Franken rechnen.

"Der Verhandlungsspielraum ist vollständig ausgeschöpft worden"

Die Sozialdemokraten wollen den Finanzinstituten nicht aus der Patsche helfen, die schließlich wissentlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet hätten. "Die Vorlage verlängert bloß die Agonie", sagte die SP-Abgeordnete Susanne Leutenegger-Oberholzer. Anstatt über die Herausgabe von Mitarbeiterdaten zu diskutieren, sollten die Banken gleich die Namen von mutmaßlichen US-Steuersündern ausliefern.

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte vor den Konsequenzen einer Ablehnung. Es bestehe die "echte Gefahr", dass weitere Institute ins Visier der USA geraten und Strafverfahren eingeleitet werden. Das könne einzelne Geldhäusern die Existenz kosten. "Es besteht die Gefahr, dass wir uns mit der Auflösung von Banken befassen müssen", sagte die Finanzministerin von der kleinen Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP). Mit dem Gesetz könnten Banken, die gegen amerikanisches Recht verstoßen hätten, ihre Probleme selbst lösen. Eine bessere Lösung gebe es nicht. "Der Verhandlungsspielraum ist vollständig ausgeschöpft worden."

Die Zeitung Schweiz am Sonntag berichtete von einer Liste der Amerikaner, auf der fünf Banken stehen sollen, die sich die US-Behörden vornehmen wollen. Die mit den Amerikanern ausgehandelte Vereinbarung sieht vor, dass Banken den US-Behörden innerhalb von 120 Tagen melden, wie viel amerikanisches Geld bei ihnen lag oder noch liegt. Sie müssen auch melden, wohin Geld floss, das bei ihnen möglicherweise abgezogen wurde. In einem nächsten Schritt wäre dann eine Buße fällig und das US-Justizministerium würde auf eine Strafverfolgung verzichten.

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