Steueraffäre:Zumwinkel will nicht erneut am Pranger stehen

Zumwinkel bittet darum, auf eine Hauptverhandlung wegen Steuerhinterziehung zu verzichten.

Hans Leyendecker und Johannes Nitschmann

Auf eine Spezialität rheinischer Touristik-Unternehmen machte der Frankfurter Anwalt Hanns Feigen, neulich das Düsseldorfer Justizministerium aufmerksam: "Mehrere Wochen" lang, teilte er dem Ministerialdirigenten Heinz-Leo Holten mit, hätten Busse bei der Stadtbesichtigung im Kölner Villenvorort Marienburg Halt gemacht.

Klaus Zumwinkel

Klaus Zumwinkel: Der Ex-Postchef mag nicht mehr öffentlich angeprangert werden.

(Foto: Foto: dpa)

Die Besucher seien dann ausgestiegen und hätten sich vor dem Hauseingang seines Mandanten, des früheren Chefs des Weltkonzerns Deutsche Post, Klaus Zumwinkel, fotografieren lassen - ein Besuch im Millionärs-Zoo?

"Angenehme Gespräche"

"Weltweit" habe Zumwinkel, dessen Millionen-Versteck bei der LGT-Bank in Liechtenstein im Februar publik geworden war, am Pranger gestanden. Der Anwalt listet in dem vierseitigen Brief die Namen der Bundespolitiker auf, die sich über den angeblichen "Sozial-Schmarotzer" empört hatten. Feigen weist darauf hin, dass das ZDF morgens live bei der Hausdurchsuchung dabei war und appelliert an die Justiz, "zu erwägen", auf eine Hauptverhandlung gegen den früheren Postchef zu verzichten.

Auch angesichts der "öffentlichen Vorverurteilung" wäre ein Strafbefehl genug Strafe. Sein Brief, so der erfahrene Feigen, sei nur ein "Denkanstoß". Kein Druck, eine Anregung.

Ministerialdirigent Holten, der im Ministerium die Strafrechtsabteilung leitet, hat den Brief an den zuständigen Generalstaatsanwalt in Hamm weitergereicht. Der wiederum will das Schriftstück der zuständigen Bochumer Staatsanwaltschaft geben, die gegen Zumwinkel ermittelt. Den Ermittlern werde der Anwaltsbrief "ohne weitere Vorgaben zur Prüfung in eigener Zuständigkeit übersandt", erklärte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft.

Feigen hat in seiner Epistel ausdrücklich die "angenehmen Gespräche in Bochum" mit den Strafverfolgerinnen und Strafverfolgern erwähnt, aber auch betont, dass die "Staatsanwaltschaft unter einem Erwartungsdruck" stehe. Trotz des vornehmen Appells werden die Ermittler den Erwartungen eines Großteils der Öffentlichkeit genügen. Sie wollen Zumwinkel auf jeden Fall anklagen.

Anklage bis Ende November

Nach Angaben aus Justizkreisen muss der frühere Top-Manager, dessen Verfahren ein wenig in Vergessenheit geraten ist, bis Ende November mit einer Anklage wegen Steuerhinterziehung rechnen.

In öffentlicher Hauptverhandlung, so hat die Staatsanwaltschaft dem Anwalt Feigen bereits signalisiert, könne das Verfahren mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und einer millionenschweren Bewährungsauflage beendet werden.

Bei einem Strafbefehl könnte der Ex-Postchef maximal zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt werden. Zumwinkel soll über einen Zeitraum von fünf Jahren 1,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Er hat bereits eine Kaution von vier Millionen Euro gezahlt, um mit diesem Betrag auch sämtliche Forderungen des Fiskus abdecken zu können.

In diesem Wirtschaftskrimi geht es für Zumwinkel, der von fast allen Ämtern zurückgetreten ist, um sehr viel. Geldnöte hat der Multimillionär zwar nicht, aber es kann für ihn noch sehr eng werden. Falls ihn die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bochum tatsächlich irgendwann Anfang nächsten Jahres zu den in solchen Fällen nicht seltenen zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilen sollte, wird sich die Aufmerksamkeit auf ein zweites Verfahren richten, das derzeit gegen den früheren Postchef läuft.

Stille Dramatik

Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Zumwinkel und andere Manager im Datenskandal der Telekom, deren Aufsichtsratsvorsitzender er war. Sollte Zumwinkel auch in diesem Prozess eine Bewährungsstrafe erhalten, müsste er wohl dennoch ins Gefängnis einrücken, da dann wohl eine Gesamtstrafe für beide Verfahren verhängt wird.

Angesichts dieser stillen Dramatik erscheinen andere früher interessante Fra-gen in seinem Bochumer Fall eher unwichtig. Mittlerweile läuft sein Ermittlungsverfahren wegen "Steuerhinterziehung und anderer Straftaten". Das bedeutet: Die Ermittler gehen seit einer Weile der Frage nach, ob Zumwinkel wegen angeblicher Dienstreisen, die privaten Charakter hatten, auch Untreue vorgeworfen werden kann.

Erst nach einem Urteil in der Steuerstrafsache soll über den Fortgang der Untreue-Ermittlungen entschieden werden. Wahrscheinlich wird der Vorwurf am Ende des Verfahrens aber als "unwesentliche Nebenstraftat" nach Paragraf 154 der Strafprozessordnung zu den Akten gelegt werden.

Abseits dieser juristischen Hängepartie findet noch ein weiteres Verfahren statt. Aufgrund etlicher Strafanzeigen geht die Hagener Staatsanwaltschaft dem Verdacht nach, ob sich Bochumer Kollegen in der Causa Zumwinkel des Geheimnisverrats schuldig gemacht haben - was diese energisch bestreiten.

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