Süddeutsche Zeitung

Stellenabbau:Osram streicht weitere Jobs

Der Stellenabbau beim Leuchtmittelhersteller Osram wird voraussichtlich noch umfangreicher als bisher bekannt. Nach SZ-Informationen sollen neben Arbeitsplätzen in Augsburg auch 100 Stellen im Regensburger Halbleiter-Werk wegfallen.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Gut eine Woche nach der Ankündigung des massiven Stellenabbaus bei Osram ist die Stimmung unter den Mitarbeitern miserabler denn je. Für zusätzlichen Unmut sorgte die Informationspolitik der Unternehmensleitung: Sie lud das Personal zwar zu Informationsveranstaltungen an den einzelnen Standorten ein, ließ dabei aber die entscheidende Frage unbeantwortet. Wie viele Leute müssen in den einzelnen Werken gehen?

Die Manager redeten um den heißen Brei herum. Sie erzählten nur, was ohnehin schon bekannt war: Bundesweit will der Leuchtmittelhersteller in den kommenden drei Jahren weitere 1700 Stellen streichen, knapp 8000 sind es weltweit.

So kam es, dass viele Mitarbeiter ihren Urlaub antreten mussten, ohne zu wissen, was auf ihr Werk und sie persönlich zukommt. Was danach geschah, machte die Situation noch unerträglicher: Einerseits schossen Gerüchte ins Kraut, andererseits sickerten die Zahlen allmählich durch. Beides löste zusätzliche Unruhe aus.

Am Freitag nun endlich bestätigte ein Unternehmenssprecher die detaillierten Zahlen des geplanten Stellenabbaus, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Was dabei ganz nebenbei noch zu Tage kam: Das Ausmaß der Sparmaßnahmen ist noch größer als bislang kommuniziert.

Im Regensburger Halbleiter-Werk sollen weitere 100 Stellen wegfallen

Denn parallel zum Restrukturierungs-Programm namens "PUSH 2" läuft im Regensburger Halbleiter-Werk ein anderer Reformprozess, dem weitere 100 Jobs zum Opfer fallen. Insgesamt werden sich also 1800 Osram-Mitarbeiter in Deutschland einen neuen Arbeitsplatz suchen müssen.

Am massivsten ist demnach das Werk in Augsburg betroffen: Dort sollen an die 400, mindestens aber 350 Arbeitsplätze gestrichen werden. Das ist mehr als ein Drittel der Belegschaft. In Eichstätt werden mehr als 300 Mitarbeiter betroffen sein, also fast die Hälfte aller Beschäftigten. Allerdings könnte sich die Zahl in Eichstätt noch ändern, falls das Verbot von Halogenlampen im Jahr 2016 verschoben wird. Der Sprecher bestätigte, dass Vertreter der Lichtindustrie mit der EU über eine Aussetzung des Gesetzes verhandeln.

Der Standort Berlin wird um 283 Stellen verkleinert, jeweils 70 bis 80 Arbeitsplätze sollen in den kleineren Werken Schwabmünchen bei Augsburg und Wipperfürth (Nordrhein-Westfalen) wegfallen, auch diese Angaben bestätigte der Sprecher. Keinen Kommentar gab er dagegen zu den Planungen im Verwaltungszentrum in München ab, zu dem auch die Entwicklung im Vorort Garching gehört. Nach SZ-Informationen sind dort 250 bis 300 Stellen gefährdet - dies wird allerdings weder bestätigt noch dementiert. Weitgehend vom Stellenabbau verschont bleiben soll das Werk in Herbrechtingen (Baden-Württemberg, dort sitzt der Geschäftszweig "Flachstrahler".

Derweil kauft der Konzern einen Scheinwerferhersteller in Italien

Der Frust über das Schweigen der Konzernspitze ist nicht nur an der Basis groß. Dem Vernehmen nach gab es auch Protestnoten von Standortleitern und Betriebsräten. Um den Ärger einzudämmen, plant das Management nun für Mitte September - nach Ende der Urlaubszeit - weitere Informations-Versammlungen. Dabei sollen dann die Pläne für das jeweilige Werk erläutert werden.

Die Manager können sich schon jetzt auf unangenehme Fragen gefasst machen. "Es ist ja noch völlig offen, wann diese Stellen genau abgebaut werden sollen", sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Willi Sattler. Osram-Vorstandschef Wolfgang Dehen sagte bislang nur, das Programm solle bis 2017 abgeschlossen sein. Die Mitarbeiter interessiert aber, ob sie schon 2015 gehen müssen oder erst 2017. Und ob es betriebsbedingte Kündigungen geben wird. Dehen hatte dies Ende Juli nicht ausgeschlossen.

Während es hinter den Werkstoren brodelt, verkündete Dehen am Freitag die Übernahme des italienischen Scheinwerferbauers Clay Paky. Der Hersteller von beweglichen Scheinwerfern für die Unterhaltungsbranche macht mit 120 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 60 Millionen Euro. Der Kauf verbessere Osrams Position in einem hochattraktiven Markt, erklärte Dehen. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden.

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Quelle:
SZ vom 09.08.2014/fie
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