Süddeutsche Zeitung

Steinbrück lehnt ab:"Hausgemachtes Problem"

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Bundesfinanzminister Steinbrück macht den USA seinen Unwillen deutlich, sich am geplanten Rettungsfonds zu beteiligen - und überzeugt davon auch die G-7-Finanzminister.

Guido Bohsem

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist ein Mann der Krise. Für die Feinheiten des Haushalts und das Kleinklein der Steuergesetzgebung kann er sich nur schwer begeistern. Ihn interessiert eher das Große und Ganze, die internationale Perspektive. Trotz aller Gefahren für die deutsche Wirtschaft und für seine Haushaltsplanung kommen ihm diese Zeiten also gelegen, in denen es fast jeden Tag von Neuem darum geht, den internationalen Finanzmarkt vor dem Zusammenbruch zu bewahren.

Kalte Schulter

Seit Tagen telefonieren er und sein für den Finanzmarkt zuständiger Staatssekretär Jörg Asmussen mit dem amerikanischen Finanzministerium, mit den Kollegen in Frankreich, in Großbritannien und auch in Japan. Auf Arbeitsebene gibt es nach Angaben aus dem Ministerium in Berlin täglich mindestens zwei Gespräche, eines am Tag, um die europäische Situation abzustimmen, und eines in der Nacht, um mit den Amerikanern und den Kanadiern zu verhandeln. Während die "Deputies", also die Gehilfen der Minister, die technischen Details abklären, obliegt es den Ministern vor allem, die Stimmung auszutesten und die Vorstöße zu harmonisieren.

Der jüngste Kraftakt der internationalen Finanzdiplomatie vollzog sich über das Wochenende. Nach Angaben aus der Bundesregierung wollte US-Finanzminister Henry Paulson Deutschland und andere Regierungen dazu verpflichten, sich am Aufbau des 700 Milliarden Dollar schweren Finanztopfs zu beteiligen, den seine Regierung zur Rettung der Finanzbranche auflegen will. Zumindest aber forderte er von den führenden Industrienationen (G 7) die Auflage eigener Fonds, mit denen die Not betroffener Banken gelindert werden könnte.

Deutsches Bankensystem noch solide

Doch die Deutschen zeigten Paulson die kalte Schulter. Steinbrück machte das auch umgehend deutlich. Er betonte in mehreren Interviews, dass es sich vor allem um ein hausgemachtes Problem der amerikanischen Wirtschaft handele. Dass das deutsche Bankensystem von der Krise nur geringfügig in Mitleidenschaft gezogen sei. Damit sagte er nicht offiziell "nein", doch er gab den Amerikanern seinen Unwillen mehr als deutlich zu verstehen. Auch die Sprecher der Bundesregierung versorgten die Journalisten mit der Botschaft: Ohne uns.

In der Zwischenzeit oblag es Asmussen und der Finanzmarktabteilung im Ministerium, die deutsche Position international abzustimmen. Zunächst mit den europäischen Staaten innerhalb der G 7 und wiederum vor allem mit Frankreich und Großbritannien. Auch Vertreter der Bundesbank und die der nationalen Notenbanken anderer Länder wurden einbezogen. In der Nacht zum Montag dann wurde das Thema auf G-7-Ebene behandelt und Paulsons Leute mussten erkennen, dass die anderen Nationen nicht mitziehen. Die letzte telefonische Abstimmung auf Ministerebene in dieser Frage gab es am frühen Montagnachmittag.

Keine Rede mehr von Geld aus Europa

45 Minuten lang sprachen die Finanzminister miteinander. Paulson stellte noch einmal sein Hilfspaket in aller Ausführlichkeit vor. Danach erklärten die Finanzminister der G7, dass sie das Vorhaben der Amerikaner begrüßten. Von einer Beteiligung am Rettungsfonds oder vom Aufbau eigener Geldtöpfe ist indes in der Erklärung keine Rede mehr. Übrig blieb lediglich die Zusage der G-7-Staaten, wann immer es nötig ist, jede Art von Maßnahme zu ergreifen, um die Stabilität des internationalen Finanzmarktsystems zu gewährleisten.

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SZ vom 23.09.2008/jkr
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