Steigende Mietpreise:Von wegen Bremse

Fassaden in München

Wohnen in München ist teuer (im Bild das ehemalige Olympische Dorf), in ganz Deutschland steigen die Mieten. Daran ändert auch die Mietpreisbremse wenig, sagen Gutachten.

(Foto: dpa)
  • Die Bundesregierung will die steigenden Mietpreise mit einem Gesetz deckeln. Erstmals wird über die Mietpreisbremse im Bundestag debattiert.
  • Die Debatte über das Gesetz hat die Mietpreise zuletzt in die Höhe getrieben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Grünen.
  • Ein Gutachten, das vom Eigentümerverband vorgestellt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass das Gesetz ein "unverhältnismäßig schwerer Eingriff in die Eigentumsgarantie" sei.

Von Daniela Kuhr, Berlin

Auch wenn man es kaum glauben mag, aber Maut, Mindestlohn und Mietpreisbremse haben etwas gemeinsam: Bei allen dreien weiß in Wahrheit niemand, ob sie am Ende tatsächlich so wirken, wie sich Union und SPD das erhofft haben, als sie die Gesetze in den Koalitionsvertrag aufnahmen. Es sind Experimente - bei denen sich erst in ein paar Jahren zeigen wird, wie klug sie waren. Dass gerade die Mietpreisbremse hochumstritten ist, zeigte sich erneut am Donnerstag, als der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) beriet.

Darin ist geplant, dass künftig in bestimmten Gebieten die Preise bei Neuvermietungen nur noch höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Davon ausgenommen sind laut Entwurf nur Neubauten und die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung. Zudem soll die Mietpreisbremse nur in Gebieten gelten, die in einer Landesverordnung für höchstens fünf Jahre festgelegt sind.

Kritiker befürchten, dass der so dringend benötigte Neubau von Wohnungen infolge einer Mietpreisbremse zum Erliegen komme, weil sich eine Investition in eine Mietwohnung auf Dauer nicht mehr lohne. Wie um die Debatte noch zu befeuern, wurden am Donnerstag zwei Gutachten veröffentlicht - mit völlig unterschiedlichen Ergebnissen.

Vermieter erhöhen Preise vorsorglich

Das erste hatte die Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegeben. Es untersucht die Entwicklung der Nettokaltmieten in elf deutschen Städten seit Juni 2013. Also seit die Union die Mietpreisbremse in ihr Wahlprogramm aufnahm und über das Thema erstmals breit debattiert wurde. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass allein schon die monatelange Diskussion über dieses Instrument die Mieten in einigen Ballungsräumen spürbar nach oben getrieben habe. Vor allem in Hamburg, Freiburg, Regensburg, Mainz und Jena lasse sich der Effekt "deutlich feststellen". Offenbar würden die Folgen einer Mietpreisbremse durch die Vermieter "vorsorglich antizipiert - wenn die Marktbedingungen es zulassen", also wenn die Nachfrage nach Wohnraum größer als das Angebot ist.

Die Verfasser der Studie ziehen daraus allerdings nicht den Schluss, dass die Mietpreisbremse kontraproduktiv wirke, sondern im Gegenteil: Sie kritisieren, dass sich Union und SPD so viel Zeit damit lassen. Detailliert haben sie ausgerechnet, wie viel Geld Mieter hätten sparen können, wenn es bereits eine Mietpreisbremse gäbe. Wer etwa 2013 in Köln in eine 65-Quadratmeter-Wohnung eingezogen sei, müsse demnach im Schnitt jährlich 168 Euro mehr bezahlen, als eine Mietpreisbremse erlaubt hätte. Zog der Mieter erst 2014 um, beträgt seine Mehrbelastung bereits 316 Euro jährlich. In Hamburg hätte dieser Mieter bei einem Umzug im vergangenen Jahr dank Mietpreisbremse sogar 1079 Euro sparen können. In diesem Jahr wären es 1300 Euro gewesen. Wie sich die Preise in München entwickelt haben, wurde nicht untersucht.

"Unverhältnismäßig schwerer Eingriff in Eigentumsgarantie"

Dass Vermieter versuchten, die Mieten noch schnell in die Höhe zu treiben, bestreitet Rolf Kornemann nicht. Er ist der Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund. Das sei der "natürliche Hamstereffekt", der immer einsetze, kurz bevor neue Belastungen in Kraft träten. Für ihn ist das nur ein weiterer Beweis dafür, dass das Gesetz zur Mietpreisbremse in die völlig falsche Richtung ziele. Es sei nicht nur aus wohnungspolitischen Gründen abzulehnen, es sei "schlicht verfassungswidrig".

Und um eben das zu untermauern, legte er das zweite Gutachten vor, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. Darin kommen die beiden Staatsrechtler Alexander Blankenagel und Wolfgang Spoerr zu dem Ergebnis, dass die Mietpreisbremse "einen unverhältnismäßig schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie" des Grundgesetzes darstelle, der durch nichts gerechtfertigt werde. So sei das Instrument weder erforderlich noch geeignet, um die Probleme am Wohnungsmarkt in den Griff zu bekommen.

"Mit der Regelung wird keine einzige Wohnung neu gebaut", sagt Blankenagel. Stattdessen würden Wohnungen billiger, als die Marktsituation es nahelege. "Die Nachfrage wird also steigen" - und somit erst recht die Wohnungsknappheit. Auch habe ein Mieter keinen Anspruch darauf, in einem bestimmten Viertel eine Wohnung zu finden. Statt Vermietern Steine in den Weg zu legen, sollte der Staat lieber Anreize für Investitionen setzen. "Die steuerliche Förderung ist das Mittel erster Wahl", sagt Kornemann.

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