Start-ups:Unterwasser-Karten

Das Bremer Start-up Planblue entwickelt Technologien, um weltweit Daten der Meeresböden zu sammeln

Tauchgang an einem Korallenriff im amerikanischen Guam im Pazifik östlich der Philippinen. Die Gründer von Planblue können mit ihrer Technologie relativ schnell den Meeresboden scannen.

(Foto: Tom Schils, University of Guam (oh))

Das Bremer Start-up Planblue entwickelt Technologien, um weltweit Daten über Meeresböden zu sammeln. Die Gründer möchten damit auch die Auswirkungen des Klimawandels in den Ozeanen dokumentieren. Das Interesse ist da, doch die Gründer wollen nicht für jeden arbeiten.

Von Dieter Sürig, Bremen

Es läuft alles geräuschlos ab: Das Video zeigt einen grün bewachsenen Meeresboden. Ein Taucher nähert sich mit einem Kasten, in dem Scheinwerfer und Kameras stecken. 40 Quadratmeter Meeresboden können auf diese Weise detailliert in zehn Sekunden gescannt werden. Mit dem kurzen Video wirbt das Bremer Start-up Planblue auf seiner Internetseite. Das Unternehmen ist im Herbst 2017 als Ausgründung des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen entstanden und bietet seinen Kunden Technologien, um den Meeresboden automatisiert zu erfassen. Daraus können dann Karten und eine Datenbank erstellt werden.

Das Team aus etwa zehn Mitarbeitern ist überall in der Welt unterwegs - im Mittelmeer genauso wie in den Korallenriffen der Karibik. Angesichts von Klimawandel und Umweltverschmutzung wird die Fülle der Einsatzmöglichkeiten immer größer: So geht es beispielsweise um Fischbestände, Vorarbeiten für den Bau eines Hafens oder auch darum, den Plastikmüll in der Tiefe des Meeres zu dokumentieren. Die Daten, die Planblue ermittelt, können auch für Umweltstudien genutzt werden, die zum Beispiel untersuchen, ob ein Korallenriff noch intakt ist und als Befestigungsschutz bei Hurrikans funktioniert.

Gründer Joost den Haan will mit der Firma etwas Gutes tun, wie er sagt. "Uns ist es wichtig, dass jeder versteht, wie wichtig der Meeresboden für uns Menschen ist und wie abhängig wir sind. Die Umweltgesetzgebung sollte deshalb verschärft werden", fordert er. Das Start-up ist auch in Projekte der Raumfahrtagenturen Nasa und Esa involviert und fängt dort an, wohin die besten Erdbeobachtungssatelliten nicht mehr schauen können - nämlich unter Wasser. "Algenblüten, die sich an der Meeresoberfläche befinden, sind noch für Satelliten im All sichtbar, viel tiefer können Satelliten nichts mehr aufzeichnen", sagt der Geschäftsführer.

Planblue arbeitet mit normalen und mit Hyperspektral-Kameras, die verschiedene Wellenlängen erfassen, die wiederum darüber Aufschluss geben, wie der Meeresboden beschaffen ist. "Wir haben gerade ein neues kleineres Kamerasystem entwickelt, das in einen Koffer passt", sagt den Haan. Es wird das bisherige große klobige System ablösen. "Unsere Technologie kann alle Oberflächen unter Wasser scannen und abbilden", erläutert Mitgründerin Hannah Brocke. "Wir nehmen riesige Datenmengen auf und visualisieren dann die Informationen, die den Kunden interessieren, farblich". Die Nachfrage ist groß, doch gibt es Grenzen für das Start-up: "Industrien wie Bergbau, Öl- und Gas wollen wir nicht unterstützen", sagt den Haan.

Der Niederländer hat sich in seinem Studium mit dem Klimawandel beschäftigt und hatte 2010 ein einschneidendes Erlebnis. Er tauchte mit Studenten vor Curaçao. "Die meisten Menschen können nicht erkennen, wie es dem Meeresboden geht", sagt er. Dies sei ihm damals zum ersten Mal richtig bewusst geworden. Eine Studentin aus den USA tauchte begeistert von der Schönheit der Unterwasserwelt wieder auf. Den Haan war schockiert. "99 Prozent der Korallen waren tot. Es war ihr erster Tauchgang in einem Korallenriff gewesen, und trotz ihres Fachwissens konnte die Studentin den Ernst der Lage nicht erkennen."

"Ist es gut, Plastik aus dem Meer zu holen?"

Brocke will die Veränderungen am Meeresboden dokumentieren. "Frühere Studien sind nicht standardisiert, sind subjektiver, basieren oft nur auf Stichproben und sind nicht miteinander vergleichbar, um zu sagen, welche Effekte zum Beispiel Klimawandel oder Umweltverschmutzung haben", sagt die Gründerin. Je älter die Daten sind, desto wertvoller sind sie also. Daten sind auch wichtig, um zu entscheiden, was mit dem Plastikmüll im Meer passiert. "Ist es gut, Plastik aus dem Meer zu holen oder ist es schon ein neuer Lebensraum geworden, den man dort belassen sollte?", solche Fragen stellt sie sich. Ohne Daten ist ein Urteil schwierig. Ähnlich ist es mit verlorenen Schleppnetzen, die Metalle enthalten. Werden sie geborgen, könnten giftige Schwermetalle ins Meer gelangen, weil der Meeresboden dabei aufgewirbelt wird.

Planblue hat bereits einige Kunden, deren Namen die Gründer nicht nennen dürfen. Nur so viel: Aus der ganzen Welt kommen Anfragen zum Thema Müll-Monitoring. Auch Umweltorganisationen interessierten sich nach Angaben der Gründer dafür. Im Gegensatz zu Mitbewerbern macht Planblue künftig das Monitoring nicht mehr selbst, sondern will die Geräte verleasen. Das System ist automatisiert und soll mit Unterwasserrobotik kombiniert werden. "Dann können wir viel schneller eine größere Fläche bearbeiten und sind nicht limitiert bei Meerestiefen", sagt Brocke. Die Resultate sollen schon nach wenigen Tagen vorliegen. Damit können die Kunden dann auch eine eigene Datenbibliothek aufbauen.

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