Start-ups:Angst um Daten? Nicht in den USA

Tag 3: Jay Habib sitzt im Restaurant im Rosewood-Hotel in Palo Alto und erklärt, wie Shop.co funktioniert. Das Rosewood-Hotel ist ein Luxushotel mit Pool und Dachterrasse und der Hotspot der Silicon-Valley-Investoren-Szene. Deswegen treiben sich hier auch so viele Gründer (und junge Frauen) herum. "Shop.co soll Online-Shopping einfacher machen. Mit dem universalen Kaufbutton kannst du alles kaufen, was du siehst."

Registrierungen und Passwörter? Überflüssig. Habib zählt weitere Vorteile auf: Du hast die Übersicht über die Bestellungen, die Rechnungen, den Lieferstatus, du bekommst Produkte günstiger. "Wir sitzen Erweiterung live in deinem Browser und sehen, dass du kurz davor bist, den LG-Fernseher zu kaufen. Dann bieten wir ihn dir günstiger an." Denn die Firmen können so zielgenau Werbung machen. "Wir haben dazu die Daten. Wir wissen, was du kaufst, was du ausgibst, wie viel Geld du hast." In den USA beunruhige das keinen, sagt Habib, denn hier lade man auch freiwillig seinen Genpool hoch.

Seit Anfang des Jahres kann Shop.co in den USA genutzt werden, Geld wollen sie 2018 verdienen. "Die Logik hier ist: Erlöse verlangsamen das Wachstum. Erst zehn bis 20 Prozent des Zielmarktes abdecken, dann kann keiner mehr das Modell kopieren und dann Geld verdienen." Konkret heißt das: Wenn sie anfangen Geld zu verdienen, haben sie schon 440 Millionen Dollar gekostet. In Deutschland undenkbar. Deswegen entstehen hier Firmen wie Uber und in München Firmen wie My-Taxi.

Was fehlt, ist vielleicht das frei florierende Geld

Tag 4: Was also muss sich ändern in Deutschland? Großer Stuhlkreis im Hotel, in der Mitte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries, sie hat eine Tüte mit Gummibärchen in Schraubenform mitgebracht. "Was bei uns fehlt, ist das frei florierende Geld", sagt sie. Dann notiert sie Anregungen der Teilnehmer als Anregungen für die nächste Legislaturperiode. "Wer in Deutschland eine verrückte Idee hat", sagt ein Gründer, "weiß vorher schon, dass er dafür kein Geld kriegt. Deswegen versucht er es erst gar nicht." Andere Meinungen: weniger Datenschutzrichtlinien, Präsentieren als Schulfach, große Unternehmen müssen mehr mit Start-ups zusammenarbeiten, Anreize schaffen, um deutsche Gründer wieder zurückzuholen.

Manche fragen aber auch: Wollen wir diese Silicon-Valley-Einstellung überhaupt? Visionen, die zu Revolutionen werden und dann ganze Branchen zerstören? Deutsche Gründer suchen sich ja eher eine Nische. Ist das nicht nachhaltiger? Oder werden wir so nur umso heftiger von den anderen umgehauen?

Tag 5: Am Ende der Reise, bevor alle wieder zurückfliegen, zeigt Jay Habib Fotos von seinen Töchtern auf dem Handy, zwei und sechs Jahre alt. "Sind sie nicht süß?" Er lächelt stolz, der stolze Vater. 8971 Kilometer, 16 Stunden. Er kann es kaum erwarten, sie wiederzusehen.

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