Ob jemand gründet oder nicht, deutet sich schon lange vor der konkreten Geschäftsidee an. Vor allem der familiäre Hintergrund, der Bildungsgrad der Eltern und deren beruflicher Werdegang spielen im Gründungsprozess eine entscheidende Rolle. Das zeigen die Ergebnisse einer Studie des Start-up-Verbands und der Bertelsmann-Stiftung, die der Süddeutschen Zeitung vorab vorliegt.
Doch welche sozioökonomischen Faktoren prägen Gründerinnen und Gründer konkret? Um das herauszufinden, wurde der jährliche Deutsche Start-up-Monitor des Verbands um Fragen zur sozialen Herkunft ergänzt. In die Auswertung flossen neben Daten aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes auch Informationen zur schulischen und akademischen Ausbildung der Eltern ein. Durch ihre Antworten gewährten die 1800 Befragten einen ersten repräsentativen Einblick in die vielschichtigen Aspekte ihrer sozialen Herkunft.
Eltern von Gründern sind häufig Akademiker
Etwa ein Viertel aller Start-up Gründerinnen und Gründer hat Eltern, die selbst ein Unternehmen mit Angestellten führen. Noch deutlicher werden die Ergebnisse im Hinblick auf die Ausbildung der Eltern. So können 60 Prozent der Start-up-Gründenden mindestens einen Elternteil mit akademischem Abschluss vorweisen. Das ist weit mehr als im Durchschnitt der Bevölkerung.
Carolin Kleinert ist eine der Teilnehmerinnen der Studie. 2019 gründete sie das Berliner Start-up Footprint Technologies. Das Softwareunternehmen bietet Fußvermessung mit KI-Unterstützung an. Ihr Vater hat einen Hauptschulabschluss und später eine Lehre zum Dreher absolviert. Ihre Mutter ist Arzthelferin. „Dass ich damit zu einer Minderheit der Start-up Szene zähle, war mir bis zur Teilnahme an der Studie nicht bewusst“, sagt Kleinert. Auch ohne akademische Laufbahn konnte ihr Vater sie stets unterstützten. Dabei habe er ihr durchaus zu verstehen geben, wenn er von einer Idee nicht begeistert war.
Unternehmereltern sind häufig Vorbilder
Exklusiv Start-ups:Gründer springen auf KI-Hype auf
Während weniger Menschen 2023 ein Start-up in Deutschland gegründet haben, ist die Zahl neuer KI-Firmen gestiegen. Die Gründer haben große Ambitionen - aber wie sieht es im internationalen Vergleich aus?
Welchen Einfluss haben Eltern auf Gründerinnen und Gründer? Fest steht, dass eine unternehmerische Erfahrung der Eltern junge Menschen auf ihrem Weg in die Selbständigkeit prägt. Unternehmereltern treten häufig als Mentoren auf und unterstützen ihre Kinder sowohl finanziell als auch emotional. Dabei können vor allem Erfahrungen und der Kontakt zu anderen Unternehmerinnen und Unternehmern ein Vorteil sein.
Die Erhebung des Start-up-Verbands zeigt, dass Gründende aus Beamten- und Arbeiterfamilien über ihre Familien weniger Kontakte zu anderen Gründern haben als jene aus Unternehmerfamilien. Nur 14 Prozent der Gründerinnen und Gründer mit einem Arbeiterhintergrund gaben an, über ihre Familie bereits vor der Gründung mit anderen Unternehmern in Kontakt gestanden zu haben. Demgegenüber stehen etwa zwei Drittel von Gründenden mit Unternehmereltern.
Als Arbeiterkind knüpfte auch Carolin Kleinert ihre ersten Kontakte zu anderen Unternehmerinnen und Unternehmern nicht mithilfe ihrer Eltern, sondern in ihrem damaligen Job bei Audi. Für sie blieb das Unternehmertum lange eher abstrakte Möglichkeit als realistische Option. Inzwischen setzt sie sich als Landessprecherin des Start-up-Verbands in Berlin für eine Vernetzung auch außerhalb der Szene ein.
Standort Deutschland:Start-up-Gründungen gehen zurück
Kriege, Inflation und Unsicherheit - die schwierige wirtschaftliche Lage wirkt sich auch auf die Gründerszene aus. Doch es gibt auch positive Entwicklungen.
Ob sie sich manchmal eine Frau als Vorbild gewünscht hätte? Sie habe schnell gemerkt, dass wenig Frauen in der Gründerszene aktiv sind, „das hat mich in meinem Gründungswunsch aber eher bestärkt als gebremst“, sagt die 32-Jährige. Besonders für Frauen und Gründende, die noch während des Studiums ein Unternehmen gründen, sind Vorbilder entscheidend. Wie mehrere Studien belegen, machen Vorbilder die Option einer Start-up-Gründung für junge Menschen erst wirklich greifbar.
Auffällig ist, dass sich die befragten Start-up-Gründerinnen und Gründer in ihren Ambitionen und Zielsetzungen gleichen, ihr Zugang zu externem Kapital sich aber erheblich unterscheidet. Die Studie legt offen, dass nur 46 Prozent der Gründer aus einem Arbeiterhaushalt externes Kapital einsammeln. Bei Gründern, die aus Unternehmerfamilien stammen, sind es 63 Prozent. Neben staatlichen Fördermöglichkeiten spielt dabei vor allem die Finanzierung durch Business Angels eine entscheidende Rolle, also Einzelpersonen, die sich an Start-ups mit beteiligen.
Bleiben externe Geldgeber aus, können junge Unternehmen schnell in die Pleite geraten. Dem Statistischem Bundesamt zufolge meldeten allein im Jahr 2023 etwa 17 800 Unternehmen in Deutschland Insolvenz an.