Süddeutsche Zeitung

Starköche:Rezept für Misserfolg

In Großbritannien kämpfen viele Restaurants ums Überleben. Jetzt muss sogar Star- und Fernsehkoch Jamie Oliver Filialen schließen.

Von Björn Finke

Fernsehkoch Jamie Oliver ist weltbekannt und reich, hat aber als Geschäftsmann einige Niederlagen erlitten. Dazu steht der 42-Jährige: "Ich hab' letztens eine kleine Bilanz der vergangenen 17 Jahre gezogen", sagte der Engländer in einem Interview. Ihm sei klar geworden, dass etwa 40 Prozent der Projekte fehlgeschlagen seien und er da Mist gebaut habe. Weitere Enttäuschungen könnten hinzukommen. So kämpfen seine Restaurantketten Jamie's Italian und Barbecoa mit Verlusten und Schulden. Der Konzern des Kochs, die Jamie Oliver Restaurant Group, will die einzigen zwei Barbecoa-Steakhäuser, beide in London, jetzt verkaufen.

Zudem verkündete Jamie's Italian kürzlich, zwölf von 37 britischen Restaurants zu schließen. Bei anderen Filialen mussten die Immobilienbesitzer die Pacht kappen, sonst hätte ihnen auch das Aus gedroht. Die Italiener-Kette hat 71,5 Millionen Pfund Schulden, das sind 80 Millionen Euro. Eine Pleite würde jedoch nicht das Privatvermögen von Oliver und seiner Gattin bedrohen. Das Paar soll eine Viertelmilliarde Euro besitzen.

Olivers Restaurantketten sind Opfer einer Branchenkrise im Königreich. Wenige Wochen vor der Ankündigung von Jamie's Italian gab die Burgerkette Byron bekannt, bis zu 20 von 67 Filialen dichtzumachen und Abschläge bei der Pacht zu verlangen. Restaurants leiden darunter, dass die Kosten gestiegen sind. So erhöhte die Regierung den Mindestlohn, auch die Gewerbesteuer und die Pacht legten an vielen Standorten zu. Vom Festland importierte Lebensmittel und Wein sind teurer geworden, weil das Pfund nach dem EU-Referendum deutlich an Wert verloren hat. Zugleich geben die Briten nicht mehr so unbekümmert Geld aus. Die Löhne wachsen langsamer als die Inflation, viele Haushalte müssen sparen.

Diese Gemengelage trifft eine Branche, die in den vergangenen Jahren kräftig expandiert hat. Finanzinvestoren steckten gerne Geld in Restaurantketten, weil die Filialen stete und berechenbare Einnahmen versprechen. Die Gastro-Manager eröffneten mit dem Kapital neue Läden - zu viele, wie sich jetzt zeigt.

Für Jamie Oliver sind die Restaurants nur ein Teil des Geschäfts. Mit Büchern und Fernsehsendungen erzielte der Engländer, der 1999 mit seiner BBC-Kochshow "The Naked Chef" bekannt wurde, 5,4 Millionen Pfund Gewinn vor Steuern im Jahr 2016. Werbe- und Lizenzeinnahmen brachten 7,3 Millionen Pfund Gewinn ein. Das Unternehmen, bei dem ausländische "Jamie's Italian"-Restaurants ihr Geld abliefern, verzeichnete Profite von zwei Millionen Pfund. Seine britischen Restaurants dagegen häuften 10,4 Millionen Pfund an Verlusten an.

Das ist viel, aber insgesamt bleibt trotzdem ein stattlicher Gewinn übrig, weswegen sich Oliver weiter Dividenden genehmigen konnte. Für Mitleid besteht also kein Anlass.

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Quelle:
SZ vom 20.02.2018
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