Starbucks:Nestlé verkauft jetzt den Kaffee der US-Kette

Der Schweizer Konzern erwirbt die Lizenzrechte an Starbucks-Produkten, die 28 000 Kaffeehäuser bleiben unberührt.

Von Charlotte Theile, Zürich

Starbucks to Change its Tax Policy

Typischer Blick in eines der 28 000 Starbucks-Kaffeehäuser, hier in London. Sie sind von dem Deal mit Nestlé ausgenommen.

(Foto: Andy Rain/dpa)

Es ist noch nicht lange her, da hatte Nestlé, der größte Nahrungsmittelkonzern der Welt, vor allem eine Strategie: Kompromisslosigkeit. Der damalige Unternehmenschef Peter Brabeck-Letmathe ließ die Welt im Jahr 2004 wissen, dass er Fairtrade-Kaffee, ganz allgemein, für eine ziemlich naive Idee hielt. Kaffeebauern bessere Löhne für ihre Arbeit zu zahlen -, dieses krude Modell könne allenfalls in Nischenmärkten funktionieren, befand Brabeck und warnte sogar: Zu hohe Löhne würden zu Überproduktion führen und die Situation der Bauern langfristig verschlechtern. "Manchmal irren auch Topmanager", schrieb die Neue Zürcher Zeitung vor einigen Monaten, es klang nach einem kleineren Missverständnis.

An diesem Montag sah es dagegen so aus, als stammten Brabecks Äußerungen nicht aus dem Jahr 2004, sondern aus einem völlig anderen Zeitensystem. Nestlé gab voller Begeisterung einen Deal bekannt, der "für Kaffeeliebhaber auf der ganzen Welt" einen "großen Tag" markieren soll: Für 7,15 Milliarden Dollar kauft das Unternehmen aus der Westschweiz die Lizenzrechte an Konsum- und Gastronomieprodukten der US-amerikanischen Kaffeehauskette Starbucks.

Starbucks schreibt sich seit zehn Jahren den Verkauf von Fairtrade-Kaffee auf die Fahnen - gilt Kritikern aber gleichzeitig als Symbol für Globalisierung, Steuertricks und schlechte Arbeitnehmerrechte. Das 1971 in Seattle gegründete Unternehmen hat in den 1990er-Jahren ein dichtes Netz an Filialen in den Vereinigten Staaten ausgebreitet und ist heute auch in Europa und vielen anderen Ländern der Welt aktiv. Mit knapp 280 000 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von 22 Milliarden Dollar ist Starbucks die größte Kaffeehauskette der Welt. Ein umstrittener Großkonzern - das zumindest dürfte den Schweizern bekannt vorkommen. Die Sparte, die Nestlé nun von Starbucks erworben hat, macht einen jährlichen Umsatz von zwei Milliarden Dollar.

Mit dem Kauf wolle man "eine starke Basis für ein weiteres Wachstum in Nordamerika" schaffen, hieß es am Montag. Ausgenommen von dem Deal bleiben die mehr als 28 000 Starbucks-Cafés.

Der Deutsche Ulf Mark Schneider, der Nestlé seit Anfang des Jahres 2017 führt, scheint von dem Deal regelrecht begeistert zu sein. In der Pressemitteilung des Konzerns freute er sich nicht nur über den großen Tag für Kaffeeliebhaber, sondern betonte auch, dass es beiden Unternehmen um die "verantwortungsbewusste und nachhaltige Beschaffung von Kaffee" gehe, eine "wahre Leidenschaft für ausgezeichneten Kaffee" zusammenfinde. Etwas nüchterner klang es bei Starbucks: Man sei stolz darauf, mit einer Firma zusammenzuarbeiten, die "im gleichen Maße unsere gemeinsamen Werte vertritt", erklärte Starbucks-Chef Kevin Johnson.

Der Schweizer Konzern arbeitet seit Jahren an einer Neuausrichtung. Gesundheit, Lifestyle und Geschäftsfelder wie Tierfutter, Wasser oder Babynahrung sollen künftig stärker wachsen. Produkte, die viel Zucker enthalten oder aus anderen Gründen als ungesund gelten, sind zunehmend verpönt. Anfang des Jahres verkaufte Nestlé das US-Süßwarengeschäft an Ferrero.

Starbucks ist nicht die einzige Kaffeelinie, bei der sich Nestlé, das auch die beiden Eigenmarken Nescafé und Nespresso betreibt, in den vergangenen Jahren eingekauft hat. Im September 2017 erwarben die Schweizer Blue Bottle Coffee, eine Premiumrösterei aus Oakland. Einen weiteren Fachhändler für Kaffee in den USA also. Kaffee gehört zu den am stärksten wachsenden Produktsparten bei Nestlé.

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