Standort:Fränkischer Motor der Innovationen

Standort: Nürnbergs Silhouette mit Kaiserburg und Dachlandschaft suggeriert Stillstand. Doch die fränkische Großstadt hat sich gewandelt - von der Industriestadt zum Standort für moderne Dienstleister.

Nürnbergs Silhouette mit Kaiserburg und Dachlandschaft suggeriert Stillstand. Doch die fränkische Großstadt hat sich gewandelt - von der Industriestadt zum Standort für moderne Dienstleister.

(Foto: Uwe Niklas)

Noch immer denken viele vor allem an die Großpleiten der Vergangenheit, wenn von Nürnbergs Wirtschaft die Rede ist. Es ist Zeit, mal auf der Haben-Seite nachzuschauen.

Von Jan Stephan

Die Geschichte des Wirtschaftsstandorts Nürnberg hat man die vergangenen Jahre gern entlang der Fürther Straße erzählt. Die alten Giganten AEG, Grundig, Quelle pleite, neue Dienstleistungsunternehmen, Logistik-Branche und Forschungseinrichtungen im Aufschwung. Die Geschichte ist nicht falsch, aber ein wenig unscharf. Denn hinter der positiven Entwicklung in den vergangenen Jahren steht eine fränkische Innovationsmaschine, die schon vor zwei Jahrzehnten ins Laufen kam.

Michael Fraas ist Wirtschaftsreferent der Stadt Nürnberg, und das ist im Moment ein Job, mit dem man ganz gut leben kann. Gerade gab es einen fränkischen Staffelsieg in einem der großen Kommunalrankings in Deutschland. Die Wirtschaftswoche ließ 69 kreisfreie deutsche Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern analysieren. Ergebnis: Erlangen ist die deutsche Nummer zwei hinter München. Fürth und Nürnberg haben gute Mittelfeldplätze, glänzen aber mit den Plätzen vier und zehn in der bundesweiten Aufsteigerliste. "Es gibt so viele Rankings, wir kommentieren das nicht groß", sagt Fraas, um dann zuzugeben, dass man sich schon darüber freue. Zumal die Auswertung der Studie die Strategie lobt, die man in Nürnberg und seinem Umland fährt. Technologiezentren, Vernetzungen und Kooperationen sind der Dreiklang des fränkischen Aufschwungs. Fraas: "Wir haben schon vor zwanzig Jahren angefangen, uns zu vernetzen. Wir haben schon Cluster gebildet, bevor Edmund Stoiber die in Bayern als Idee populär gemacht hat."

Der zeitliche Vorsprung trage Früchte. Es ist allerdings nicht allein der Vorsprung, der die Nürnberger Innovationsmaschine so rund laufen lässt. Es sind auch günstige Verhältnisse. Nürnberg und sein Umland sind breit aufgestellt. In der Metropolregion versammeln sich internationale Großkonzerne, ein beweglicher, innovationsfreudiger Mittelstand und eine Vielzahl von Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Alle Faktoren zusammengenommen haben eine missliche wirtschaftliche Lage zum Besseren gewendet. Die Pleiten der großen Konzerne schmerzen noch, aber Nürnbergs Wirtschaft hat sich diversifiziert, man kann optimistisch in die Zukunft blicken. "Wir haben überdurchschnittlich viele Jobs in wissensorientierten Branchen", stellt Nürnbergs Wirtschaftsreferent Fraas fest. In der Medizintechnik, der Leistungselektronik, der Elektromobilität, der Automatisierung, der IT und in der Automobilzulieferer-Branche ist Nürnberg stark.

Auch die Messe Nürnberg ist eine Erfolgsgeschichte für sich - im Ranking der weltgrößten Messegesellschaften liegt die Messe Nürnberg aktuell auf Platz 15. Sie profitiert von der Wirtschaftskraft der Region, und dreht zugleich mit am Schwungrad. Zum internationalen Branchentreff zu werden, ist leichter, wenn man bedeutende Unternehmen aus den jeweiligen Bereichen als Partner in der Nähe hat. Auf der anderen Seite profitiert die regionale Wirtschaft von der Nähe zur Messegesellschaft.

Nach dem Mauerfall rückte Nürnberg in die Mitte eines vereinten Europas

"Wir spiegeln die Themen, die die Region stark machen", sagt Thomas Koch, der Sprecher der Messe Nürnberg. So gilt Nürnberg beispielsweise als Hauptstadt der jungen Foodtruck-Szene, 2016 nahm die Messe Nürnberg das Branchentreffen ins Programm. Und schon länger ist die Metropolregion ein internationales Zentrum für Medizintechnik - im Jahr 2017 findet erstmals eine Messe für dieses Boomthema in Nürnberg statt. Die Region baut ihre Stärken kontinuierlich aus.

Initialzündung war der Fall der Mauer: Bis 1989 war man ein lokaler Player, nach dem Mauerfall rückte Nürnberg in die Mitte eines vereinten Deutschlands und eines vereinten Europas. Man nutzte die neue Zentralität, musste aber einfallsreich sein. "Als wir kamen, war der Kuchen schon verteilt", erklärt Koch. "Wir mussten und müssen uns Nischen suchen, und das heißt auch, dass wir Mitarbeiter brauchen, die über den Tellerrand schauen." Die Messe hat mittlerweile Tochtergesellschaften in Italien, Brasilien, Indien, China und den USA. Gerade hat man eine Kooperationsvereinbarung mit einer iranischen Messe unterschrieben. "Wir sind so groß wie die Messen in Stuttgart und Leipzig zusammen", stellt Koch fest. "Ich glaube, das haben viele immer noch nicht auf dem Plan."

Eine Tatsache, die auch Michael Fraas vom Wirtschaftsrathaus oft und gern betont. Denn unterschätzt wird nicht nur die Messe, sondern die ganze Stadt, die ganze Region. Doch das hat auch mit dem so gar nicht großspurigen Auftreten der Franken zu tun. "In der Außendarstellung dürfte es ruhig mehr Selbstbewusstsein sein", stellt Fraas fest und fängt gleich selbst damit an. "Wir können uns das leisten!"

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