Standort Deutschland:Wäschewaschen als Wissenschaft

Während bei AEG in Nürnberg die Not groß ist, setzt der koreanische Samsung-Konzern ausgerechnet auf Deutschland.

Dagmar Deckstein

Es gibt zur Zeit durchaus nicht nur schlechte Nachrichten aus der Welt der "Weißen Ware". Während in Nürnberg der Kampf um den Exodus des Hausgeräteherstellers AEG aus Deutschland noch tobt, hat sich das koreanische Unternehmen Samsung soeben für den Standort Deutschland entschieden.

Standort Deutschland: Waschmaschinen im Forschungszentrum von Samsung in Stuttgart.

Waschmaschinen im Forschungszentrum von Samsung in Stuttgart.

(Foto: Foto: dpa)

Und Michael Laue reibt sich schon die Hände: werden ihm doch die derzeitigen Querelen in Nürnberg den einen oder anderen Physiker, Chemiker, Maschinenbauer, Ökotrophologen oder Elektroniker von AEG in seine in Stuttgart ausgebreiteten Arme treiben. Lauers Job in diesem Jahr bedeutet vor allem: Jobs schaffen.

Erstes Forschungslabor außerhalb Koreas

In Stuttgart eröffnete der Mischkonzern, der mit 113.000 Mitarbeitern 45 Milliarden Euro Umsatz erzielt, am Mittwoch sein erstes und bisher einziges Forschungslabor außerhalb Koreas.

In den nächsten Jahren will Samsung fast einen Jahresumsatz in die weltweite Forschung und Entwicklung stecken. Im Schwäbischen werden jetzt erst einmal deutsche Ingenieure Waschmaschinen, Kühlschränke, Herde und Mikrowellengeräte entwickeln und erproben, mit denen Samsung den europäischen Markt aufrollen will.

An vorderster Front soll der 52-jährige Physiker Laue, der seit Januar das Forschungs- und Entwicklungszentrum leitet, dafür tätige Mithilfe leisten. "Samsung hat erkannt, dass derjenige, der in Europa erfolgreich sein will, europäische Technik nicht kopieren darf, sondern verstehen muss", sagt er. Von den Kunden ganz zu schweigen.

"Sehen Sie, das ist Innovation"

Bei Laue ist Samsung wohl an den Richtigen geraten. Der gebürtige Sachse packt den Schraubenzieher, schraubt den Deckel der Samsung-Waschmaschine im Labor auf und zeigt auf ein etwa fünf Zentimeter langes Plastikkästchen: "Sehen Sie, das ist Innovation."

Wäschewaschen als Wissenschaft

Silver Nano nennt Samsung das Patent, das dafür sorgt, dass per Elektrolyse Silberionen im Waschwasser freigesetzt werden, die desinfizierende Wirkung auf Wäsche und Waschtrommel entfalten. So sollen Socken auch nach der Wäsche länger frisch riechen, Bakterien und Pilze keine Chance mehr bekommen.

In Sachen Waschmaschinen macht Laue ohnehin keiner etwas vor, hat er sich doch 26 Jahre seines Lebens mit diesen maschinellen Haushaltshelfern beschäftigt und selbst 30 Patente angemeldet. Von 1979 bis 1989 stand Laue im Dienste der DDR-Firma Foron, später ging er zum US-Unternehmen Whirlpool, wo er es bis zum Generalmanager für den Weißwarenbereich brachte.

Erfolg nur durch Innovation

Wäschewaschen ist eine Wissenschaft für sich, weiß Laue. Und Samsung, das auf den hiesigen Märkten noch ein Zwerg ist, könne nur durch Innovationen und hochwertige Technologie einen Fuß auf den umkämpften Marktboden bekommen.

Die Geräte, die Laue mit seiner Mannschaft weiterentwickeln will, sollen sich im mittleren Preisfeld bewegen und durch hohe Energiesparsamkeit und Umweltfreundlichkeit bestechen: "Ein Thema, das in Asien noch klein-, in Europa aber groß geschrieben wird."

Noch forschen im Stuttgarter Labor gerade mal acht Wissenschaftler und Techniker, bald sollen es 50 sein. Sie dürfen gerne auch älter sein. "Ich nehme auch 58-Jährige", sagt Lauer. Hauptsache, sie seien begeisterungsfähig und teambereit.

Samsung will dieses Jahr in Deutschland 100.000 Waschmaschinen verkaufen - viermal so viel wie 2005. Und Laue kann sich sogar vorstellen, dass die Koreaner eines Tages in Deutschland Weißware fertigen.

"Zu sehr in Preiskampf verbissen"

Ja, aber das Beispiel AEG? Dazu will er sich nicht äußern, sagt dann aber doch: "Eine Reihe großer Unternehmen ist einfach zu träge geworden, hat sich um Innovationen zu wenig gekümmert und sich zu sehr in den Preiskampf verbissen."

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