Stahlkonzern legt Zahlen vor:Miserables Jahr für ThyssenKrupp

Auf den 200. Geburtstag des Stahlkonzerns folgt der Kater: Massive Abschreibungen bescheren ThyssenKrupp einen Jahresverlust von fast 1,8 Milliarden Euro. Schuld sind schlechte Nachrichten aus Brasilien.

Zum Glück hat ThyssenKrupp sein 200. Jubiläum schon vor zwei Wochen gefeiert. Die jetzt veröffentlichten Jahreszahlen hätten die Partystimmung verdorben. Der größte deutsche Stahlkonzern ist tief in die roten Zahlen gerutscht. Unterm Strich schließt der Konzern das Geschäftsjahr 2010/2011, das am 30. September endete, mit einem Verlust von 1,78 Milliarden Euro ab. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch einen Jahresüberschuss von 927 Millionen Euro erwirtschaftet.

Für das laufende Geschäftsjahr 2011/12 traut sich das Unternehmen angesichts der unklaren Entwicklung der Schuldenkrise in der Euro-Zone keine Prognose zu. Beim Umsatz konnte ThyssenKrupp um 15 Prozent auf 49 Milliarden Euro zulegen. Durch die Probleme in der Traditionssparte Stahl seien allerdings Wertberichtigungen von zusammen rund 2,9 Milliarden Euro notwendig geworden, teilte das Essener Unternehmen mit. Hintergrund seien unter anderem Kostenüberschreitungen beim Bau des neuen Stahlwerks in Brasilien sowie eine Abwertung bei der Edelstahlsparte Inoxum in Höhe von 800 Millionen Euro.

Der Konzern hatte seine ursprünglich für Dienstag angekündigte Bilanzvorlage überraschend auf diesen Freitag vorgezogen. Der seit Januar amtierende ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger kündigte an, er wolle die strategische Weiterentwicklung des Konzerns weiter entschlossen umsetzen. "Das aktuelle Umfeld ist nicht einfach. Die beiden Wertberichtigungen zeigen: Wir gehen die Dinge an, die notwendig sind - mit Konsequenz und Offenheit", wird er in einer Mitteilung des Konzerns zitiert.

Hiesinger hat sich vor allem als Ziel gesetzt, den Schuldenberg von 3,6 Milliarden Euro abzubauen und Kosten zu senken. Er will bei ThyssenKrupp vor allem die Technologiesparte ausbauen und im Gegenzug Geschäftsteile im Wert von etwa einem Viertel des Gesamtumsatzes verkaufen. Dickster Brocken dabei ist die abgewertete Edelstahlsparte Inoxum mit rund 11.000 Beschäftigten.

Hiesinger zieht angeblich auch personelle Konsequenzen aus dem teuren Desaster in Brasilien: Medien berichten, dass der für die Stahlwerke in Brasilien und den USA zuständige Bereichsvorstand Hans Fischer vor dem Aus stehe. Der Manager bekomme die Probleme vor allem in Brasilien nicht in den Griff, schrieb das Handelsblatt. Und die Financial Times Deutschland berichtet, dass Fischer in ein anderes Unternehmen wechseln wolle.

Dagegen soll der Vertrag von Stahl-Konzernvorstand Edwin Eichler um fünf Jahre verlängert werden, schrieb die FTD. Vor allem bei Arbeitnehmervertretern wächst der Zeitung zufolge der Unmut über die ungelösten Probleme bei den neuen Stahlwerken. So liefen etwa noch immer nicht alle Teile der Kokerei in Brasilien, was laut Insidern hohe Folgekosten für den Zukauf von Strom, Dampf oder Gas mit sich bringt.

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