Stahl:Strukturkrise macht Salzgitter zu schaffen

Salzgitter (dpa) - Deutschlands zweitgrößter Stahlkocher Salzgitter hat alle Hoffnungen auf einen raschen Weg aus der eigenen Verlustzone zerstreut.

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Salzgitter (dpa) - Deutschlands zweitgrößter Stahlkocher Salzgitter hat alle Hoffnungen auf einen raschen Weg aus der eigenen Verlustzone zerstreut.

Der Preiskampf in der Branche, die sich gegen eine schwere Strukturkrise stemmt, halte absehbar an, stellten Konzernchef Heinz Jörg Fuhrmann und sein Finanzvorstand Burkhard Becker am Freitag bei der Bilanzvorlage in Aussicht. "Es ist wirklich unbefriedigend", räumte Becker zum tiefroten Ergebnis für 2013 ein. Der Ausblick müsse vage bleiben. Konjunkturelle Probleme, Unsicherheiten bei Preisen und Rohstoffkosten oder Währungsschwankungen erschwerten die Prognose.

Das Grundübel - zu viel Stahl auf dem Markt - halte sich hartnäckig und befeuere den ruinösen Preiskampf. "Das ist ja das Irrsinnige: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen, dass wir teilweise Versandzahlen auf Rekordhöhe haben und ihre Geschäftsführung ihnen dennoch sagt, dass das nicht ausreicht für schwarze Zahlen", betonte Fuhrmann. Gleichzeitig gab er sich aber kämpferisch: "Wir haben in die Hände gespuckt und eine Menge in Bewegung gesetzt." Die Hoffnung ruht auf dem Reformprogramm "Salzgitter AG 2015" samt einem Jobabbau.

Aufhorchen ließ Fuhrmann mit einer Aussage zum größten Sorgenkind im Konzern, der Tochter Peiner Träger. Sie habe die Wende geschafft. "Wir können beim Peiner Träger mit hinreichender Sicherheit sagen, dass wir im ersten Quartal ein Resultat "more or less break even" sehen werden", sagte der Vorstandsvorsitzende zum Vorsteuerergebnis der Tochter, die Langstahl für die darbende Baubranche produziert und 2013 Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe brachte. In der Bilanz brockte die Peiner Träger GmbH ihrer Mutter vor Steuern 291 Millionen Euro Miese ein - der klare Löwenanteil der Gesamtverluste.

Rund 300 Jobs hat der MDax-Konzern in Peine schon gestrichen, teils kamen die Beschäftigten anderswo im Unternehmen unter. Laut Fuhrmann sind in Peine "99 Prozent" des Stellenabbaus vollzogen, auch der Rest der Belegschaftsverkleinerung liege im Plan. Insgesamt geht es um mindestens 1500 Stellen. Das ist in etwa jeder 16. Job im Konzern.

Die verlustreiche Peiner Träger GmbH gilt als ein Schlüssel auf dem Weg aus den Verlusten. Fast eine Million Tonnen Stahl habe Salzgitter aus dem Volumen in Peine herausgenommen - ein Zugeständnis an die Überkapazitäten der Branche, der Verkäufe derzeit Verluste bringen. Europas Stahlbranchenverband Eurofer hält schon bei normaler Nachfrage rund ein Viertel der Produktionskapazität für überflüssig.

2014 will Salzgitter - vor Steuern - in die Nähe einer schwarzen Zahl kommen. Angesichts der Unsicherheiten könne dieses Ergebnis aber "ein beträchtliches Ausmaß sowohl in negativer als auch positiver Richtung annehmen", betont der MDax-Konzern. Die Salzgitter-Aktie legte in einem am Vormittag positiven Börsenumfeld bis zum Mittag leicht zu.

Wie bereits seit Ende Februar bekannt, steht unter dem Strich für 2013 beinahe eine halbe Milliarde Euro Minus. Die 489,6 Millionen Euro Verlust nach Steuern sind fast fünf Mal so hoch wie das Ergebnis aus 2012 (minus 99,8 Mio Euro). Beim Bilanzposten vor Steuern, an dem die Niedersachsen ihren Ausblick festmachen, standen 2013 rund 478 Millionen Euro Verlust. Trotz der schwierigen Lage will Salzgitter für 2013 eine Dividende ausschütten. Angepeilt sind 20 Cent pro Aktie, nachdem vor einem Jahr für 2012 25 Cent geflossen waren.

Gelassen gaben sich Fuhrmann und Becker bei zwei derzeit heiklen Themen. Vor wenigen Tagen war die Steuerfahndung ins Haus gekommen, es geht um angeblich steuerrechtlich unzulässige Rückstellungen bei Tochtergesellschaften in den Jahren 2006 bis 2009. Die Manager wiesen die Vorwürfe zurück. Auch der Großauftrag für die Gas-Pipeline durch das Schwarze Meer laufe nach Plan, ungeachtet der politischen Krise in der Region. Fuhrmann berichtete über das Projekt South Stream, dass nach vielen Vorarbeiten im Mai die Rohrproduktion in der Schwarzmeer-Hafenstadt Warna in Bulgarien starten werde.

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