Stabilitätsrat:Unter Kuratel

Die Kassenlage ist katastrophal: Vier Bundesländer müssen dem neuen Stabilitätsrat einen Plan zur Haushaltssanierung vorlegen. Es sind Länder, die fast regelmäßig beim Schuldenstand den festgelegten Schwellenwert überschreiten.

Claus Hulverscheidt

Schleswig-Holstein, Berlin, Bremen und das Saarland werden wegen ihrer katastrophalen Haushaltslage unter Aufsicht gestellt. Der 2010 errichtete Stabilitätsrat von Bund und Ländern verpflichtete die betroffenen Landesregierungen am Montag dazu, bis Ende Oktober Sanierungsprogramme auszuarbeiten, "die geeignet sind, die drohende Haushaltsnotlage mittelfristig zu beseitigen". Hält sich ein Land nicht an seine Sparzusage, will der Rat dies öffentlich machen. Sanktionen verhängen kann er dagegen nicht.

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Der Stabilitätsrat befasst sich unter Leitung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und des bayerischen Ressortchefs Georg Fahrenschon (CSU) mit der Situation in allen 16 Bundesländern.

(Foto: AFP)

Die Gründung des Gremiums geht auf die Einführung der Schuldenbremse im Grundgesetz zurück. Sie schreibt unter anderem vor, dass die Bundesländer von 2020 an in wirtschaftlich normalen Zeiten keine neuen Kredite mehr aufnehmen dürfen.

Damit Schleswig-Holstein, Berlin, Bremen, das Saarland und Sachsen-Anhalt das schaffen, erhalten sie vom Bund und den übrigen Ländern bis einschließlich 2019 sogenannte Konsolidierungshilfen in Höhe von jährlich insgesamt 800 Millionen Euro. Der Stabilitätsrat kontrolliert, ob die Länder dieses Geld auch tatsächlich zum Abbau ihrer hohen Budgetdefizite einsetzen.

Frühwarnsystem zur Vermeidung einer Schuldenmisere

Bereits bei seiner letzten Sitzung im Oktober hatte das Gremium festgestellt, dass mit Ausnahme Sachsen-Anhalts alle genannten Länder möglicherweise von einer "Haushaltsnotlage" bedroht sind. Diese Einschätzung hat sich nun bestätigt. Der Vorsitzende der Länderfinanzministerkonferenz, der bayerische Ressortchef Georg Fahrenschon (CSU), sagte im Anschluss an die Ratssitzung, es gehe darum, mit Hilfe eines "Frühwarnsystems" in Deutschland eine Schuldenmisrere zu vermeiden, wie sie in anderen europäischen Staaten derzeit zu beobachten sei. Der Stabilitätsrat werde die von den Ländern erarbeiteten Sanierungsprogramme bereits bei seiner nächsten Sitzung im November formell beschließen.

Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) verwies darauf, dass die vier betroffenen Länder noch in keiner Haushaltsnotlage steckten, sondern nur davon bedroht seien. Dennoch habe sich seine Landesregierung bereits dazu verpflichtet, das strukturelle Haushaltsdefizit, also die Lücke zwischen regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben, binnen zehn Jahren in gleich großen Schritten von zwei Milliarden Euro auf null zu reduzieren. Voraussetzung dafür sei aber nicht nur strikte Ausgabendisziplin, sondern auch eine verlässliche Einnahmenbasis. Steuersenkungen auf Pump dürfe es deshalb nicht geben.

Die Konsolidierungserfolge der Länder sollen künftig an vier Kennziffern gemessen werden: dem strukturellen Defizit, der Kreditfinanzierungsquote - also dem Anteil der Ausgaben, die über Darlehen finanziert werden müssen -, dem Verhältnis der laufenden Zinsausgaben zum Steueraufkommen (Zins-Steuer-Quote) sowie dem Schuldenstand. Letzterer liegt in Bremen mit 24.256, in Berlin mit 17.140, im Saarland mit 10.304 und in Schleswig-Holstein mit 8545 Euro je Einwohner deutlich über dem Länderdurchschnitt von 6250 Euro.

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