Süddeutsche Zeitung

Stabilitätsbericht:Warnung der EZB

Die Notenbank warnt vor wachsenden Risiken an den Börsen. An den Immobilienmärkten sieht die Europäische Zentralbank eine "leichte Überbewertung". Und die Wirtschaft wächst nicht mehr so stark.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt vor zunehmenden Gefahren an den Finanzmärkten. Es gebe eine Reihe von Indikatoren, die auf das Risiko fallender Vermögenspreise hinwiesen, heißt es im Finanzstabilitätsbericht der Notenbank, der am Donnerstag in Frankfurt veröffentlicht wurde. In den letzten Monaten sind die Börsenkurse weltweit gefallen, gleichzeitig geht das Wirtschaftswachstum zurück. "Wir sehen an den Immobilienmärkten eine leichte Überbewertung", sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos.

Die Notenbank hat die Vermögensverwalter im Visier. Investmentfonds, Pensionskassen und Versicherungen verwalten rund 43 Billionen Euro. Ein Problem vor allem bei Investmentfonds sei es, dass nur noch 16 Prozent der Wertpapiere "sehr liquide" seien. Das bedeutet: Der Großteil dieser Anlagen könnte nicht so leicht verkauft werden, wenn die Märkte angespannt sind. Es drohe ein systemisches Risiko, wenn viele Anleger gleichzeitig ihr Geld aus den Fonds zurückverlangten. Die Investmentgesellschaften könnten die Auszahlungswünsche dann womöglich nicht bedienen oder wenn doch, dann nur zu niedrigen Notverkaufspreisen. Dadurch könnte sich die Panik an den Börsen im Ernstfall weiter verstärken. Darüber hinaus hätten viele Fonds ihre Beteiligungen an riskanten Anleihen erhöht.

Europas Währungshüter sehen auch die Haushaltspläne Italiens mit Sorge. Seit dem Frühjahr hätten sich Bedenken an den Finanzmärkten wegen des Streits zwischen Italien und der EU-Kommission über eine höhere Staatsverschuldung verstärkt. Auch wenn sich die Kursturbulenzen an den italienischen Finanzmärkten nicht nennenswert auf andere Euroländer übertragen hätten, sei die Lage insgesamt "schwieriger" geworden. "Die Spannung an den Märkten für italienische Staatsanleihen zeigte, wie schnell politische Unsicherheiten die Finanzstabilität gefährden können", so die EZB. Negativ wirkten sich außerdem der zunehmende Protektionismus sowie Probleme in Schwellenländern aus, hieß es in dem halbjährlichen EZB-Bericht. Ein Brexit ohne ein Abkommen stelle ein Risiko für die finanzielle Stabilität in der Eurozone dar.

Die Währungshüter sehen auch Erfolge. Eine wachsende Wirtschaft und eine verbesserte Widerstandsfähigkeit des Bankensektors hätten die Finanzstabilität der Eurozone verbessert. Positiv werteten die Experten auch die Ergebnisse des jüngsten Stresstests, wonach die Geldhäuser der Eurozone ausreichend gegen Risiken gewappnet seien.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2018
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