Staatsschulden:Argentinien einigt sich mit Hedgefonds

Staatsschulden: Präsident Mauricio Macri setzt einen Schlusspunkt im Dauerstreit.

Präsident Mauricio Macri setzt einen Schlusspunkt im Dauerstreit.

(Foto: Juan Mabromata/AFP)
  • Argentinien einigt sich nach Jahren des Streits mit vier US-Hedgefonds auf eine Milliardenzahlung.
  • Das Parlament muss dem Deal aber noch zustimmen - und dort hat Präsident Macri keine Mehrheit.
  • Die Auseinandersetzung dreht sich um alten Schulden Argentiniens aus der Zeit vor der Staatspleite im Jahr 2002.

Von Sebastian Schoepp

Argentiniens neue Regierung hat sich mit US-amerikanischen Hedgefonds auf die Zahlung eines Millardenbetrags geeinigt. Präsident Mauricio Macri will damit einen Schlusspunkt unter einen Schuldenstreit setzen, der schon mehr als ein Jahrzehnt andauert und dem Land zwiespältigen Ruhm beschert hat: Auf den internationalen Finanzmärkten galt Argentinien als Paria, bei Kritikern des Finanzkapitalismus hingegen erwarb es durch seinen zähen Widerstand eine Art Heldenstatus. Damit ist es nun vorbei: Argentinien sei bereit, den Hedgefonds NML Capital, Aurelius und zwei anderen Fonds 4,65 Milliarden Dollar zu zahlen, teilte der in dem Streit eingesetzte Vermittler Daniel Pollack am Montag in New York mit. Das sind 75 Prozent der ursprünglich geforderten Summe. Die Grundsatzeinigung war demnach am Sonntagabend erzielt worden.

Parlament muss dem Deal noch zustimmen

Laut Pollack habe man damit einen "gigantischen Schritt" getan zur Beendigung dieses historischen Konflikts. Doch sei der Streit noch nicht zu Ende, er gehe in die "letzte Etappe". Die Einigung muss noch vom argentinischen Parlament abgesegnet werden. Das könnte schwierig werden, da der neue Präsident dort keine Mehrheit hat. Der liberal-konservative Macri verhandelt seit Tagen fieberhaft mit den Linksperonisten und versucht, ihnen eine Zustimmung mit allerlei Versprechungen abzulocken.

Die Auseinandersetzung geht zurück auf die Jahrtausendwende, als Argentinien einen Staatsbankrott hinlegte. Hedgefonds erwarben damals - vereinfacht ausgedrückt - argentinische Schrottpapiere und beharrten später, nach der Erholung des Landes, auf den Nennwert der Staatsanleihen - was enorme Gewinne bedeutet hätte. Die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, die von 2007 bis 2015 amtierte, weigerte sich, die Hedgefonds auszuzahlen, bezeichnete sie als "Geierfonds" und Finanzterroristen, die Argentinien ausplündern wollten.

Dahinter steckte natürlich auch, dass sich Argentinien die Zahlung schlicht nicht leisten konnte. Das Land hat seit seiner Pleite 2002, als es 100 Milliarden Dollar Schulden nicht bedienen konnte, praktisch keine Zugang zum internationalen Parkett. Dafür hatte es zuletzt allerdings auch einen der geringsten öffentlichen Schuldenstände seiner Geschichte.

Argentinien braucht wieder Zugang zu den Finanzmärkten

Endgültig zum Aussätzigen wurde Argentinien durch eine Entscheidung eines US-Bundesrichters, der entschied, dass Argentinien erst die Hedgefonds auszahlen müsse, ehe es die Forderungen weiterer privater Gläubiger begleichen dürfe. Der Richter muss Argentinien nun erst wieder den Zugang zum internationalen Finanzmarkt erlauben. Binnen sechs Wochen solle dies aber erreicht sein, sagte Pollack.

Präsidentin Fernández de Kirchner zementierte diese Rolle als Außenseiter, ja kultivierte sie. Das brachte ihr viel Zustimmung im linken Lager ein, vor allem auch in Südeuropa und speziell in Griechenland während des Euro-Schuldenstreits. Diese Politik ist seit dem Amtsantritt Macris Geschichte. Er gewann im Oktober 2015 die Wahl gegen Kirchners Wunschnachfolger Daniel Scioli. Macri setzte auf Verständigung mit den Finanzmärkten - die wird er nun auch brauchen, denn ohne neue Schulden wird Argentinien seine Rückstände bei den Fonds kaum bezahlen können.

Das Abkommen sieht einen Vergleich in Höhe von umgerechnet 4,25 Milliarden Euro vor, mit dem Argentinien sämtliche Streitigkeiten beilege, sagte Vermittler Pollack. Die Gruppe der Gläubiger wird angeführt von dem New Yorker Hedgefonds NML Capital, der zum Finanzimperium des US-Milliardärs Paul Singer gehört. Was Singer dazu bewogen hat, auf einen Teil der Summe zu verzichten, war am Montagabend noch unklar. Möglicherweise hat er eingesehen, dass nicht mehr zu holen war. Diese Erfahrung mussten auch früher schon Anleger mit Argentinien machen. Zwischen 2005 und 2009 hatten mehr als 90 Prozent der Gläubiger Argentiniens einem Schuldenschnitt zugestimmt und auf bis zu 70 Prozent ihres Gelds verzichtet.

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