Staatshilfe für Arcandor:"Nicht auf Steuerzahler abwälzbar"

Der Bund hält Arcandor auf Abstand: Berlin will erst im Juni über mögliche Hilfen für den Konzern entscheiden. In der Union ist der Widerstand groß.

Soll ein Unternehmen, dass seit Jahren nur noch durch den Verkauf von Vermögenswerten überlebt, nochmals Geld vom Staat bekommen? Die Bundesregierung zögert die Entscheidung hinaus. Berlin will einem Pressebericht zufolge voraussichtlich erst im Juni über Staatshilfen für Arcandor beschließen. Der Bund verlange genauere Einzelheiten über eine mögliche Fusion der Warenhaustochter Karstadt mit deren Wettbewerber Kaufhof, berichtet die Financial Times unter Berufung auf Regierungskreise. An der Börse reagierte die Aktie heftig: Der Arcandor-Kurs brach um mehr als 20 Prozent ein.

Arcandor, AP

Arcandor in Schieflage: Das Unternehmen hat den Staat um Hilfe gebeten.

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Die Gespräche vergangene Woche zwischen Arcandor und der Kaufhof-Mutter Metro über eine Fusion der Kaufhausketten machten Arcandors Antrag auf eine Kreditbürgschaft in Höhe von 650 Millionen Euro "im Grunde hinfällig", zitierte das Blatt die Kreise.

Arcandors Ersuchen um Staatshilfe gründe auf einem Modell, nach dem der Einzelhändler eigenständig bleiben soll. Dieses Modell scheine jedoch überholt durch die Stellungnahme beider Konzerne, nach der eine Kaufhaus-Fusion "vernünftig sein könnte", sagte laut FT ein ranghoher Vertreter der Bundesregierung.

Keine Einzelheiten bekannt

Weder Arcandor noch Metro hätten der Regierung Einzelheiten über ihre Gespräche mitgeteilt. Deshalb werde es wahrscheinlich nicht wie zunächst von der Regierung geplant zu einer raschen Entscheidung über staatliche Hilfe kommen.

Ein Arcandor-Sprecher sagte dazu, dass der Bürgschaftsausschuss, der sich mit dem Staatshilfe-Antrag beschäftigt, noch in dieser Woche tagen werde. "Es läuft alles nach Zeitplan."

Im Falle einer Fusion von Karstadt und Kaufhof könne es auch zu einer Reduzierung der Bürgschaftssumme kommen, sagte der Sprecher weiter.

Allerdings brauche Arcandor bis zum 12. Juni die Bürgschaft über 650 Millionen Euro, um einen überlebensnotwendigen Kredit mit den Gläubigerbanken verlängern zu können. Bis zu diesem Stichtag werde es aber zu keinem Zusammenschluss der beiden Warenhaus-Ketten kommen. Es gebe derzeit noch nicht mal ein Konzept für eine Fusion.

Die CDU lehnte unterdessen eine staatliche Bürgschaft für Arcandor ab. "Das Problem muss privatwirtschaftlich gelöst werden", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Laurenz Meyer (CDU), der Berliner Zeitung . Bereits vor der Krise habe es eindeutig Managementfehler bei Arcandor gegeben. Meyer zufolge sind dies jedoch "keine Dinge, die man auf die Steuerzahler abwälzen kann".

Die Gewerkschaft Verdi unterstützt den Ruf von Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick nach staatlicher Hilfe. Sie rief die Beschäftigten für Mittwoch zu einer Demonstration vor dem Bundeswirtschaftsministerium auf. Erwartet würden rund 5000 Menschen. Unter der Devise "Jeder Tag zählt" wollten die Beschäftigten die Politik darauf aufmerksam machen, dass "weiteres Zaudern" das Unternehmen noch weiter in Bedrängnis bringe, so Verdi. An den Protesten wollen sich der Gewerkschaft zufolge auch die Arcandor-Vorstände Stefan Herzberg (Karstadt) und Marc Sommer (Versandhandelssparte Primondo) beteiligen.

Die Anleger hegen aber offenbar nur noch wenig Hoffnung, dass Eick tatsächlich mit Staatshilfen rechnen kann. Der Aktienkurs des Unternehmens brach am Montag in der Spitze um mehr als 25 Prozent auf 1,63 Euro ein. "Offenbar versuchen Anleger zu retten, was noch zu retten ist", sagte ein Analyst. Auch die diskutierte Zusammenlegung von Karstadt-Kaufhäusern mit der Kaufhof-Kette von Metro würde seinen Worten zufolge Arcandor wenig bringen. "Metro will die guten Häuser für einen Appel und ein Ei übernehmen, die Schulden wollen die garantiert nicht", sagte der Analyst. Metro will Kaufhof und Karstadt in einer Deutschen Warenhaus AG zusammenführen und macht Front gegen staatliche Hilfen.

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