Staatsfonds aus Russland und China:Fragwürdige Einteilung in gut und böse

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Die Union warnt vor dem Einstieg russischer und chinesischer Staatsfonds in deutsche Konzerne. Doch ein generelles politisches Vetorecht gegen diese Investoren wäre falsch - ihr Investment könnte auch vorteilhaft sein.

Claus Hulverscheidt

Wenn man so manchen deutschen Politiker dieser Tage reden hört, dann könnte man meinen, der Kalte Krieg sei noch in vollem Gange. Da wird mehr oder weniger unverblümt vor der roten und der gelben Gefahr gewarnt, ganz so, als drohten die Kommunisten in Moskau und Peking ihre Gegner heute zwar nicht mehr mit Raketen, dafür aber mit Tresoren voller Geld zu beschießen.

Richtig an der Debatte ist, dass der hohe Ölpreis und die Globalisierung manchen Ländern einen Reichtum verschafft haben, der vielen die Sprache verschlägt.

So verwalten staatliche Investmentfonds aus den Emiraten, aber eben auch aus Russland und China, mittlerweile ein Vermögen von 2,5 Billionen Dollar. Das entspricht dem zweieinhalbfachen Wert aller Dax-30-Konzerne und dem Eineinhalbfachen der Summe, mit der die viel geschmähten Hedge-Fonds operieren.

Juwelen der heimischen Wirtschaft

Dieses Geld will gut angelegt sein, und schon fürchten die sonst so marktfreundlichen Regierungen vieler Industrieländer, dass die Juwelen ihrer heimischen Wirtschaft in die Klauen des Kremls oder der Mao-Erben gelangen könnten.

In Berlin wird deshalb diskutiert, "strategisch wichtige" Branchen zu definieren, in denen der Staat bei Übernahmen mitreden darf. Dieser Ansatz ist grundfalsch, denn niemand kann exakt definieren, was heute und in Zukunft "strategisch wichtig" ist und was nicht.

So mag man es aus industriepolitischen Gründen für sinnvoll erachten, dass die Deutsche Bank oder die Telekom zumindest teilweise deutsch bleiben. Aber solche Erwägungen reichen nicht aus, um dafür das stets propagierte Grundprinzip offener Märkte aufzugeben.

Ein US-Investor kann ebenfalls problematisch sein

Ebenso fragwürdig ist die Einteilung in potentiell gute und schlechte Investoren. Für Deutschland insgesamt kann die Übernahme und anschließende Zerschlagung eines großen Konzerns durch einen US-Investor im Ergebnis genauso nachteilig sein wie der Verkauf an einen Staatsfonds.

Das einzige Kriterium, das in einem marktwirtschaftlichen System einen Eingriff des Staats erlaubt, ist das der nationalen Sicherheit. Ob diese bedroht ist, hängt aber nicht von der Zugehörigkeit eines Betriebs zu einer bestimmten Branche ab, sondern kann nur im Einzelfall entschieden werden.

Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein vom Kreml gelenkter Konzern sich bei einem kleinen Regionalversorger einkauft, um einen Fuß in den deutschen Markt zu bekommen, oder ob er einen Riesen wie Eon übernimmt und im Krisenfall einem Drittel der Deutschen den Strom abdrehen kann.

Expertengremium in den USA

In den USA werden solche Fragen bei jedem einzelnen maßgeblichen Übernahmeversuch von einem Expertengremium beantwortet, dem Regierungsvertreter sowie unabhängige Fachleute angehören.

Dieser Rat könnte für Deutschland Vorbild sein. Dagegen müssen die Pläne der CDU, wonach die Regierung auch Jahre nach einer Beteiligung die Transaktion wieder rückgängig machen kann, in jedem Fall verhindert werden.

Sie würden nämlich auch erwünschte ausländische Investoren vom deutschen Markt fernhalten und damit dem Land insgesamt schaden. Zudem könnte ein Aufkäufer mit unredlichen Absichten zunächst stillhalten, um dann am Tag des Fristablaufs mit der Umsetzung seiner eigentlichen Pläne zu beginnen.

Sinnvoller wäre es deshalb, wenn ein Rat für nationale Sicherheit fragwürdige Übernahmen mit Auflagen versehen und deren Einhaltung regelmäßig kontrollieren könnte.

Vorwurf der Abschottung

Bislang wehrt sich die Bundesregierung gegen die Einrichtung eines solchen Rats, weil sie den Vorwurf der Abschottung fürchtet. Tatsächlich protektionistisch aber ist eine Politik, bei der nicht nach objektiven Kriterien, sondern pauschal nach der Herkunft oder den Geldgebern eines Investors entschieden wird.

Finanzminister Peer Steinbrück reist in den nächsten Tagen nach New York und Washington. Er sollte die Zeit nutzen, um sich über den Umgang der Amerikaner mit dem Problem zu informieren.

© SZ vom 17.10.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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