Süddeutsche Zeitung

Staatsfinanzen:Milliarden für den Bund

Der Bundeshaushalt kann sich freuen: Das Finanzministerium erhält 5,9 Milliarden Euro. So hoch fiel der Jahresgewinn der Bundesbank für 2019 aus. Wie es dazu kommt und was die Bank macht, will Präsident Weidmann künftig besser erklären.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Bundesbank überweist an das Bundesfinanzministerium mit 5,9 Milliarden Euro den höchsten Betrag seit 2008. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es noch 2,4 Milliarden Euro. "Hinter dem kräftigen Anstieg des Jahresüberschusses steht insbesondere eine niedrigere Risikovorsorge", sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Freitag bei der Vorstellung der Bilanz 2019. Die Bundesbank hatte in den vergangenen Jahren Milliarden Euro als Verlustpuffer zurückgelegt, ein Teil dieser Wagnisrückstellungen ist nun aufgelöst worden. Die Überschüsse der Bundesbank stehen dem Bund zu. Das Bundesfinanzministerium rechnet in aller Regel mit einem Bundesbankgewinn von 2,5 Milliarden Euro - der Rest fließt in die Schuldentilgung.

Weidmann äußerte sich auch zur Konjunkturlage angesichts des sich verbreitenden Coronavirus. "Das dürfte auf die deutsche Wirtschaft ausstrahlen: beispielsweise über geringere Nachfrage nach Waren, ausbleibende Touristen oder Lieferschwierigkeiten bei wichtigen Zwischenprodukten." Wie schlimm es werde, ließe sich derzeit kaum seriös abschätzen. Vermutlich zeige es sich erst mit einiger Verzögerung deutlicher. "Sollte es in Deutschland zu einer Epidemie kommen, sind neben diesen Ausstrahleffekten direkte wirtschaftliche Auswirkungen zu erwarten", so Weidmann.

Ein anderes Thema war die Strategiedebatte der Europäischen Zentralbank, an der sich auch Europas Bürger beteiligen können, sei es über das Internet oder durch den Besuch von eigens dafür geplanten "Zuhör-Veranstaltungen". "Wir sollten unsere geldpolitische Kommunikation künftig noch stärker auf die breite Öffentlichkeit ausrichten", sagte Weidmann. Bei der Strategiedebatte geht es vor allem um die Überprüfung des EZB-Inflationsziels. Die Notenbank strebt eine Teuerungsrate von unter, aber nahe zwei Prozent an. Weil sie dieses Ziel nicht erreicht, setzten die Währungshüter ihre lockere Geldpolitik unvermindert fort. Vor allem die Nullzinspolitik sorgt bei Sparern für Ärger. "Das Ziel sollte so definiert sein, dass die Menschen es besser verstehen und seine Sinnhaftigkeit nachvollziehen können", so Weidmann. Dazu müsse das Ziel auch zu ihrer Lebenswirklichkeit passen. Dazu sei auch eine genauere Messung der Inflation nötig. "Wir sollten darüber nachdenken, künftig eine Komponente für selbst genutztes Wohneigentum in den Verbraucherpreisindex aufzunehmen", sagte der Bundesbankpräsident. Diese Preise bleiben bislang außen vor.

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SZ vom 29.02.2020
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