Staatsanwaltschaft fordert 85 Jahre:Ex-Worldcom-Chef droht Gefängnis bis zum Tod

Die Ankläger sehen in Bernie Ebbers den Hauptschuldigen. Dessen Anwälte hatten vergeblich versucht, den ehemaligen Finanzvorstand Sullivan als Verantwortlichen darzustellen.

Im Prozess um die größte Bilanzaffäre in der US-Firmengeschichte hat die Staatsanwaltschaft für den früheren WorldCom-Chef Bernie Ebbers die Höchststrafe von 85 Jahren gefordert.

Der 63-Jährige war bereits im März vor dem Geschworenengericht in New York wegen Betrugs, Verschwörung sowie Falschangaben gegenüber der Börsenaufsicht in sieben Fällen für schuldig befunden worden. Richterin Barbara Jones wird das Strafmaß am 13. Juli verkünden.

Die Anklage verglich den Fall Worldcom in einer schriftlichen Eingabe mit dem ähnlich gelagerten Bilanzskandal des zusammengebrochenen Kabelbetreibers Adelphia.

Der frühere Chef dieses Unternehmens, der 80-Jährige John Rigas, war vor wenigen Tagen wegen Bilanzbetrugs und Veruntreuung zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.

Gegenseitige Beschuldigungen

Ebbers hatte während des Verfahrens auf nicht schuldig plädiert und stattdessen seinen früheren Finanzdirektor Scott Sullivan für die Betrügereien bei WorldCom verantwortlich gemacht.

Der Ex-WorldCom-Chef verteidigt sich gegen die Vorwürfe nicht zuletzt mit dem Argument, er habe sich um finanzielle Details nie gekümmert. Die Geschworenen folgten hingegen den Angaben Sullivans, der als Kronzeuge der Anklage ausgesagt hatte, der frühere Konzernchef habe die Bilanzfälschungen persönlich in Auftrag gegeben.

Sullivan schilderte Ebbers als peniblen Kenner der Konzernfinanzen, der sich sogar um mögliche Einsparungen bei den Kaffeefiltern für die Büros gekümmert habe.

Gescheiterte Strategie

Ebbers Anwälte, deren Strategie, Sullivan als alleinigen Drahtzieher der Affäre darzustellen, erfolglos geblieben war, verwiesen schließlich darauf, dass ihr Mandant keinen persönlichen Vorteil aus dem Betrug gezogen und sein gesamtes Vermögen verloren habe. Auch unter Hinweis auf Ebbers schlechten Gesundheitszustand forderten sie Richterin Jones auf, Milde walten zu lassen.

Die Bilanzfälschungen bei WorldCom beliefen sich auf rund elf Milliarden Dollar (9,1 Milliarden Euro). Die US-Finanzwelt wurde von dem Betrugsskandal im Juni 2002 schwer erschüttert. Innerhalb weniger Tage stürzte die WorldCom-Aktie um mehr als 90 Prozent ab.

Anleger verloren Milliarden Dollar, und 20.000 Beschäftigte standen schließlich ohne Job da. WorldCom flüchtete sich im Juli 2002 unter das schützende Dach des US-Konkursrechts, um unter gerichtlicher Aufsicht und unter dem Namen MCI an seiner Sanierung zu arbeiten. Mitte Februar gab der US-Konkurrent Verizon die Übernahme von MCI bekannt.

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