Staatliches Wettmonopol:Wer nicht spielt, hat schon verloren

Das Bundesland Bayern profitiert von staatlichen Wettfirmen wie Oddset - und verbietet TV-Sendern nun Spots privater Konkurrenten. Die Geschichte einer Doppelmoral.

Hans-Jürgen Jakobs

Der Staat, so will es das Gesetz, soll sich aus dem Rundfunk heraushalten. Was aber ist, wenn aus übergeordneten Gründen bestimmte Ziele verfolgt werden - und das Fernsehen nicht so mitzieht, wie Beamte und Politiker das gern sähen?

Staatliches Wettmonopol: Oddset ist eine staatliche Wettfirma.

Oddset ist eine staatliche Wettfirma.

(Foto: Foto: ddp)

Der Konflikt eskaliert jetzt in der Frage privater Sportwetten im TV. Zuständig hierfür sind die Landesmedienanstalten, in Bayern zum Beispiel die Bayerische Landeszentrale für Neue Medien (BLM) - doch die Regierung des Freistaates will nun über die Köpfe der Medienaufseher hinweg ein Werbeverbot der Zocker-Spots durchsetzen.

Verbot illegaler Sportwetten und deren Werbung

Im bayerischen Landtag redete Staatssekretär Georg Schmid, 53, jetzt Klartext.

Der CSU-Abgeordnete aus Donauwörth verwies in einer Fragestunde darauf, dass Sportwetten und andere Glücksspiele "wegen der negativen Folgen für die Spieler nur in engen Grenzen zugelassen" würden; das Bundesverfassungsgericht habe am 28. März die Veranstaltung oder Vermittlung von Wetten durch private Wettfirmen verboten; am 22. Juni beschlossen dann die Ministerpräsidenten das Verbot illegaler Sportwetten und deren Werbung.

"Konsequentes Vorgehen heißt auch, dass keine Ausnahmen gemacht werden", so Schmid.

Wütend

Der Mann aus der Regierung ist wütend, dass die Medienaufseher der BLM einer Anweisung des bayerischen Wissenschafts-Ministeriums vom 9. Mai nicht nachkamen, spätestens bis Ende Juni die Werbung für illegale Sportwetten in von ihr verantworteten Rundfunkprogrammen einzustellen.

Schmid: "Die Landeszentrale für neue Medien ist dieser Weisung bislang nicht nachgekommen. Deshalb wird das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst seine Weisung nun durchsetzen", kündigte er an. Und: "Nun werden noch in dieser Woche die notwendigen Anordnungen erlassen werden, um Recht und Gesetz durchzusetzen." Die Betroffenen hätten ausreichend Zeit gehabt, die strafrechtlichen Verstöße einzustellen.

Wer nicht spielt, hat schon verloren

Gemeint ist vor allem das Deutsche Sport-Fernsehen (DSF) in München. 15 Prozent des Werbeumsatzes stammen aus dem Segment Spiele und Wetten.

Klopft hier bald der Staatsanwalt an die Tür? Jedenfalls soll die Tochterfirma der börsennotierten EM.TV AG nun direkt von der Regierung die Anweisung erhalten, Werbefilme von Firmen wie betandwin (jetzt: bwin) nicht mehr auszustrahlen.

Ein paar Tage Zeit

Ein paar Tage soll der Sportkanal Zeit bekommen, sich zu erklären. Länder wie Bayern, die so gegen private Wettfirmen vorgehen, halten zugleich das Monopol staatlicher Toto- und Lottogesellschaften und deren Firma Oddset hoch.

Gegen so viel Doppelmoral haben DSF/EM.TV, Pro Sieben Sat1, Premiere, RTL, Burda und Bild-T-Online den "Arbeitskreis Wetten" gegründet. Forderung: ein neues Konzessionierungssystem (wie in England). Das Vorhaben, ein staatliches Wettmonopol aufrechtzuerhalten, sei "in hohem Maße wirklichkeitsfremd", heißt es in einer Erklärung.

Tatsächlich haben sich auch Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg in einer Protokollerklärung für begrenzte Konzessionierungen Privater ausgesprochen.

Rechtslage für Verbot angeblich nicht ausreichend

Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) hat Anfang Juli angekündigt, dass die privaten TV-Sender weiter - anders als ARD und ZDF - Werbung für Sportwetten von privaten Anbietern zeigen werden. Die Rechtslage reiche für ein Verbot nicht aus.

Die Spots würden aber von Hinweisen auf Gefahren durch Spielsucht und auf das Wettverbot für Jugendliche begleitet, erklärte der Privatsenderverband VPRT. Nun schreiben die Länderchefs Klaus Wowereit (Berlin) und Jürgen Rüttgers (Nordrhein-Westfalen) der DLM, sie solle "unverzüglich" ein Verbot durchsetzen.

Die scharfe Linie Bayerns entsetzt BLM-Präsident Wolf-Dieter Ring. Er ist "einigermaßen erstaunt, dass die Zielrichtung eines bundesweit einheitlich abgestimmten Vorgehens offenbar nicht eingehalten werden soll".

Es entstünde eine "bayerische Sondersituation". Er hätte zumindest erwartet, dass die BLM über die Schritte der bayerischen Regierung informiert wird. In der Zwischenzeit hätten die Sender in Gesprächen, so Ring, zugesagt, ihr Verhalten zu ändern.

Wie wirbt Oddset so schön: "Wer nicht spielt, hat schon verloren."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: