Staaten in der Pleite:Von wegen sicher

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Griechenlands Schuldenschnitt zeigt das hohe Risiko von Staatspapieren. Dabei hieß es lange Zeit, solche Titel seien ausfallsicher. Nichts da.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Natürlich hat man auch in Europa immer wieder über Staatspleiten gesprochen. Aber dann bezog sich die Konversation meist auf ferne Staaten in Südamerika und Asien. Zwar leistete auch Russland, das geografisch näher liegt, 1998 den Offenbarungseid. Aber ein europäisches Land? Nein, die Staatsanleihen aller Industriestaaten galten als mündelsicher.

Diese Wahrnehmung veränderte sich im Jahr 2010 schlagartig. Griechenland musste einräumen, dass Staatsschulden und Haushaltsdefizit viel höher gewesen waren als in den Jahren zuvor angegeben. Es war die Zeit, da die Nachwirkungen der globalen Finanzkrise das Wachstum bremsten, gerade auch in Griechenland. Plötzlich wurde an den Finanzmärkten über die Staatspleite Griechenlands spekuliert. In der Folge mussten auch andere Süd-Länder wie Italien, Spanien und Portugal immer höhere Zinsen für ihre Kredite bezahlen. Es war klar, dass die Regierungen sich diese Zinsen nicht lange würden leisten können. Die Euro-Zone drohte zu implodieren. Wenn Athen pleitegeht, so die Furcht, würden andere Euro-Staaten folgen. Daher wollte die EU Griechenland damals nicht fallen lassen.

Das erste Rettungspaket von EU und IWF im Umfang von 110 Milliarden Euro sollte 2010 sicherstellen, dass Athen seine Verbindlichkeiten würde bedienen können. Die riskanten Hellas-Anleihen wirkten wie eine sichere Bank. Auch viele Prominente in Deutschland riefen 2010 auf, Griechenland durch den Kauf einer Anleihe zu helfen. Viele Privatsparer folgten der Anregung. Sie vertrauten darauf, dass die EU Griechenland nicht würde pleitegehen lassen. Doch es kam anders. Die Euro-Schuldenkrise wurde 2011 immer dramatischer. Politiker und Ökonomen sagten nun, dass Griechenland einen Schuldenschnitt benötige, um überhaupt wieder auf die Beine zu kommen. Die Diskussionen dauerten Wochen und Monate. In dieser Zeit schwankten die Kurse der griechischen Staatsanleihen sehr stark.

Noch bis Mitte 2011 hieß es, dass bis 2013 - zum ursprünglichen Starttermin für den Rettungsfonds ESM - griechische Anleihen ausfallsicher seien. Dennoch kam im Februar 2012 der Schuldenschnitt in Höhe von 106 Milliarden Euro. Die meisten Banken, Fonds und Versicherungen stimmten ihm freiwillig zu. Privatanleger, die dem Versprechen der Politiker geglaubt hatten, lehnten ab.

Doch sie wurden von der griechischen Regierung gezwungen, die alten Anleihen gegen schlechtere neue zu tauschen. Eine vom Athener Parlament verabschiedete, rückwirkend geltende Klausel in den Anleihebestimmungen machte es möglich. Die privaten Gläubiger verzichteten nominal auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen. Durch die niedrigeren Zinssätze der neuen Anleihen war der Verlust sogar noch höher. Eine bittere Erfahrung.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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