Staat fördert weniger:Zahl der Sozialwohnungen sinkt dramatisch

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Vor allem in den großen Städten steigen die Mieten und die Preis für Eigentumswohnungen immer stärker. Staatlich geförderter Wohnungsbau könnte dem entgegenwirken, doch in Deutschland ist die Zahl der Sozialwohnungen seit 2002 um ein Drittel zurückgegangen.

In manchen Münchner Stadtvierteln, in Untergiesing, in der Maxvorstadt oder in der Au, wo früher einfache Arbeiter und kleine Händler wohnten, müssen für Mietwohnungen inzwischen Quadratmeterpreise von mehr als 15 Euro gezahlt werden. Und auch im einstmals billigen Berlin, in den üblichen Trendvierteln Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Friedrichshain sind halbwegs ordentliche Wohnungen unter zehn Euro pro Quadratmeter nur noch schwer zu bekommen.

Ein Hochhaus im Berlin-Schöneberg, 1977 gebaut und im Volksmund unter dem Begriff "Berliner Sozialpalast bekannt". (Foto: ddp)

Es ist eine Entwicklung, die sich in zahlreichen Großstädten abzeichnet, die einen Bevölkerungszuwachs haben und in denen die Nachfrage nach Wohnraum kontinuierlich steigt. Gentrifizierung heißt dieser Trend. Altbauten werden luxussaniert, aufgehübscht und dann wird kräftig die Miete erhöht. Bezahlbare Mietwohnungen werden so nicht nur für Geringverdiener, sondern selbst für die Mittelschicht unerschwinglich.

Auch die Preise für Eigentumswohnungen sind nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. So seien von 2010 auf 2011 die Kaufpreise in Berlin, Hamburg und München durchschnittlich um acht bis neun Prozent gestiegen. Auch in Frankfurt am Main gingen die Preise um gut sechs Prozent nach oben, und in Köln um knapp fünf Prozent. Das sind Werte deutlich oberhalb der Inflationsrate.

Eine Immobilienblase droht nach Einschätzung des IW trotz des rasanten Anstiegs nicht. Es gebe keinerlei Hinweise auf eine größere Zahl rein spekulativer Käufe oder auf eine expansive Kreditvergabe. Auch sei insgesamt mit steigenden Einkommen und einer wachsenden Zahl von Erwerbstätigen in Großstädten zu rechnen. Sozialpolitische Probleme könnten allerdings daraus entstehen, dass sich einkommensschwache Haushalte Wohnraum dort immer weniger leisten können.

Der soziale Wohnungsbau, also staatlich geförderte Wohnungen, deren Mietpreisentwicklung reguliert und in der Höhe begrenzt ist, könnte hier Abhilfe schaffen. Doch die Zahl der Sozialwohnungen ist in den vergangenen Jahren in Deutschland stark zurückgegangen.

Wie die Ruhr Nachrichten berichten, ist die Zahl um etwa ein Drittel zurückgegangen - verglichen mit dem Niveau von 2002. Die Zeitung beruft sich dabei auf eine Antwort des Bundesbauministeriums an die Linken-Abgeordnete Caren Lay, die eine Anfrage an das Ressort gestellt hatte. Demnach gab es Ende 2010 bundesweit etwa 800.000 Sozialwohnungen weniger als 2002. Die Zahl sank demnach auf gut 1.660.000 Wohnungen.

Allein in Nordrhein-Westfalen sank demnach die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung von etwa 844.000 auf 544.000. Auch in anderen Bundesländern schrumpfte der soziale Wohnraum deutlich, so in Bayern von etwa 273.000 auf 161.000. In Hessen sank die Zahl der Sozialwohnungen von 158.000 auf 128.000. In Baden-Württemberg gab es Ende 2010 rund 65.000 Sozialwohnungen, 2002 waren es noch mehr als 137.000.

Lay warnte in dem Bericht vor einer "neuen Wohnungsnot" und warf der Bundesregierung auf diesem Gebiet Versagen vor. "Ohne sozialen Wohnungsbau steigen die Mieten ohne Ende", sagte die Bundestagsabgeordnete. Der Mieterbund rechnet mit einem Bedarf von 825.000 Wohnungen bis zum Jahr 2017.

© Süddeutsche.de/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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