Zynisch, verlogen, verantwortungslos: Wenn Banker unter sich sind, wird Tachles geredet. Wenn sie sagen, was sie wirklich denken, entlarven sie sich selbst. Fünf Beispiele, bei denen Banker dachten, sie seien unter sich. "Hoffentlich sind wir alle vermögend und im Ruhestand, wenn dieses Kartenhaus zusammenfällt." Wahrscheinlich sitzt irgendwo in einem Büro in New York ein Mann und ist froh. Noch immer ist nicht aufgeflogen, wer diese Email damals geschrieben hat, die um die Welt ging. Die das Ansehen von Standard & Poor's (S & P), das Ansehen aller Ratingagenturen, ruinierte. Geschrieben und mit einem Smiley versehen wurde die interne E-Mail mit dem inzwischen legendären Satz von einem S&P-Mitarbeiter im Dezember 2006. Der Satz entlarvt, dass Gier auch Rating-Analysten nicht fremd war. Offenbar war ihm bewusst, dass die komplizierten Finanzprodukte, denen er das Gütesiegel gab, eine Gefahr für die Wirtschaft sind - eben ein Kartenhaus, das bei einem Windhauch zusammenfällt. Die E-Mail hat es sogar in den US-Kongress geschafft. Das Kartenhaus-Zitat wurde zusammen mit anderen Dokumenten in dem Untersuchungsausschuss des Senats verlesen, der die Ursachen der Finanzkrise aufarbeitete. Eines der Ergebnisse: Die AAA-Spitzennote verteilten die Ratingagenturen viel zu häufig. Immerhin muss man ihnen lassen, dass sie - wenn auch anonym - die Fähigkeit zur Selbstkritik besitzen. Eine Kurznachricht eines weiteren S&P-Mitarbeiters, der wahrscheinlich auch froh ist, dass sein Name noch unbekannt ist: "Wir bewerten jeden Deal. Eine Kuh könnte ihn strukturiert haben und wird würden ihm trotzdem eine Note geben."
"Ich stimme zu, wir brauchen ein bisschen Hilfe, aber am Ende gewinnen die Brothers immer." Lehman Brothers - der Name hatte an der Wall Street einen Ruf wie Donnerhall. Da kann man schon auf die Idee kommen, eine Firma sei unverwüstlich, so wie Lehman-Chef Richard Fuld noch vor Ausbruch der Finanzkrise. Schließlich war es ja über mehr als 100 Jahre so, dass die "Brothers" am Ende immer gewannen. Der Satz zeugt von der Hybris der Investmentbanker - derselben Hybris, die dann zur Finanzkrise führte. In der Nacht zum 13. September 2008 zerschellte das Weltbild von Richard Fuld. Lehman Brothers war am Ende, es fand sich kein Übernahmepartner, die US-Regierung war nicht bereit, Kapital zu geben. Lehman war Pleite, am Ende haben die Brüder verloren. Später sagte Fuld: "Ich bin mir bewusst, dass wir eben noch eine Firma hatten und am Ende keine mehr. Das hat vielen Leuten Leid zugefügt. Und ich muss damit leben." Die Lehman-Pleite brachte die Geldströme zum Erliegen, das Vertrauen war weg. Sie bildete den Auftakt zur Finanzkrise, die nahtlos in die europäische Schuldenkrise überging und deren Folgen noch lange zu spüren sein werden. Die Erkenntnis aus der Lehman-Pleite ist, dass man eine so große Bank nicht insolvent gehen lassen kann, ohne die Weltwirtschaft an den Abgrund zu führen. Seitdem wurde jeder Pleitekandidat vom Staat oder der Staatengemeinschaft gerettet - auch eine Art Sieg.
"Ich bin bloß ein Banker, der Gottes Werk verrichtet." Eigentlich war das Interview im November 2009 schon beendet, die Reporter von der britischen Sunday Times hatten sich bereits verabschiedet, da sagte Lloyd Blankfein im Gehen diesen Satz, den er gar nicht so meinte: "Ich bin bloß ein Banker, der Gottes Werk verrichtet." Das war als Scherz gedacht, als ironische Pointe des vorhergehenden Gesprächs. In dem hatte der Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs ausgeführt, welchen Nutzen sein oft gescholtenes Institut für die Volkswirtschaft stiftet. Dass es eben nicht die machthungrige "Krake" sei, als die das Magazin Rolling Stone Goldman beschrieben hatte, als Geldmaschine, die nur auf den eigenen Nutzen aus sei, oft zum Schaden der Kunden und der gesamten Gesellschaft. Wie ja nicht zuletzt die Finanzkrise zeigte. Goldman Sachs hat prächtig verdient am Verbriefen und Verschachteln minderwertiger Immobilienkredite, der Hauptursache für den Weltenbrand der Finanzkrise. "Gottes Werk" meinte Blankfein also zu verrichten, natürlich nur im Scherz. Das Problem war nur, dass Humortheoretiker wissen: Jeder Witz hat einen ernsten Hintergrund, denn sonst würde man ja gar nicht auf die Idee kommen, ihn zu machen. Man nahm es Blankfein sofort ab, dass er genau das dachte, was er da aussprach - und nicht das Gegenteil davon. So wurde aus einem Witz ein PR-Desaster.
"Mist, Müll, schweinisch!" "Das fliegt alles in die Luft." Greg Lippmann, einer der leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank in New York, erkannte schon 2005, wie wertlos die Immobilienkredite waren, die sein Institut verbriefte und an Kunden verkaufte. In E-Mails fand er drastische Worte dafür, er nannte die Produkte "Mist", "Müll" oder "schweinisch". Einmal rief er im Handelssaal laut aus: "Das fliegt alles in die Luft." Lippmann sollte Recht behalten. Als die Häuserpreise in den USA ab 2007 aufhörten zu steigen, konnten viele Kreditnehmer ihre Raten nicht mehr bedienen, das Kartenhaus brach zusammen. Das Skandalöse war, dass die Deutsche Bank den Müll in all den Jahren munter an Kunden weiterverkaufte. Zum Beispiel an deutsche Landesbanken. An der Wall Street machte ein anderes Wort die Runde, jenes vom "dummen deutschen Geld". Die Kunden erfuhren nichts von den tieferen Erkenntnissen des Greg Lippmann, seine E-Mails waren für andere bestimmt. Die Führungsriege der Deutschen Bank erlaubte Lippmann sogar, gegen die eigenen Produkte zu wetten. Er machte damit 1,5 Milliarden Dollar Gewinn. Den Verlust, zum Teil in Milliardenhöhe, hatten die Kunden. Einige Landesbanken verklagten die Deutsche Bank deswegen. Greg Lippmann aber verteilte an Freunde und Kunden T-Shirts mit dem Aufdruck: "I am short your house" - ich wette gegen dein Haus.
"Du fragst Mutti, ob die Dir das arrangieren kann." Es sollte der Deal seines Lebens werden. Dirk Notheis, Deutschland-Chef von Morgan Stanley, fädelte Ende 2010 den Rückkauf des Energieversorgers EnBW vom französischen EdF-Konzern durch das Land Baden-Württemberg ein. Der Preis: fünf Milliarden Euro. Die Provision für seine Firma: 16,3 Millionen Euro. Sein Startvorteil: Er war mit Ministerpräsident Stefan Mappus befreundet. Der erste Skandal: Sie machten alles am Parlament vorbei. Der zweite Skandal: Notheis war bei dem Deal der große Macher, Mappus wirkte wie eine Marionette. Deutlich wurde das durch die E-Mails von Notheis an Mappus: "Bitte achte darauf, dass Du das durchziehst. Das verursacht sonst erheblich Sand im Getriebe, und das kann ich jetzt nicht gebrauchen." Oder: "Du solltest ihn (einen ungenannten Dritten) anrufen und bitten, dass er das Meeting mit Sarko organisiert. Oder Du fragst Mutti, ob sie Dir das arrangieren kann." Mit Mutti ist Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeint. In einer E-Mail an die Franzosen erklärt Notheis, warum Merkel auf Mappus hören wird: "Er kann Angela mit seinen Truppen töten." Und dann geht es noch um die Absicherung des eigenen Mandats: "Du wirst Anrufe von zahlreichen Banken bekommen, Du musst das alles ablehnen (!!) und sagen, dass Du bereits vollständig beratungstechnisch aufgestellt bist." Der Skandal führte zu einem Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag. Mappus wurde abgewählt. Notheis musste gehen, heute managt er einen Fonds, der Unternehmen Kapital zur Verfügung stellt.