Süddeutsche Zeitung

Ölkonzerne:SPD, Grüne und CDU wollen Extragewinne kassieren

Die Senkung der Spritsteuer kommt kaum bei den Verbrauchern an. Deshalb bringen immer mehr Politiker nun eine Abschöpfung der Krisengewinne der Ölkonzerne ins Spiel.

Angesichts der rasant steigenden Energiepreise mehren sich in der Ampelkoalition, aber auch in der Opposition Stimmen für eine zusätzliche Abgabe für Mineralölkonzerne. SPD-Chef Lars Klingbeil etwa will "Krisen- und Kriegsgewinner" stärker besteuern. Es könne nicht sein, dass sich die Mineralölkonzerne "in der Krise die Taschen noch voller machen", sagte Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der SPD-Vorsitzende zeigte sich offen für eine sogenannte "Übergewinnsteuer", um extreme Krisengewinne abzuschöpfen. Grünen-Chefin Ricarda Lang befürwortet die Idee ebenfalls und hatte sie bereits Anfang Mai ins Spiel gebracht. "Wir beobachten seit Monaten eine Entkopplung vom Rohölpreis und Tankstellenpreisen", sagte Lang nun dem Tagesspiegel. "Einige wenige profitieren, während ganz viele mittelständische Unternehmen unter den hohen Energiepreisen leiden und sich fragen, wie sie durch das nächste Jahr kommen sollen." Eine Übergewinnsteuer sei eine logische Antwort.

Die Mineralölkonzerne stehen vor allem wegen der hohen Spritpreise in der Kritik. Seit Mittwoch ist die Steuer auf Kraftstoffe deutlich reduziert, um die Verbraucher zu entlasten. Der Steuervorteil bei Super der Kategorie E10 beträgt 35,2 Cent pro Liter, bei Diesel sind es 16,7 Cent. Allerdings sind die Preise an den Zapfsäulen nur vorübergehend gesunken. "Da kommt deutlich zu wenig beim Verbraucher an", sagte ein ADAC-Sprecher am Wochenende. "Die Entwicklung geht in die komplett falsche Richtung." Konkret kostete Super E10 am Samstag Vormittag laut ADAC im bundesweiten Durchschnitt 1,96 Euro pro Liter. Das waren 1,6 Cent mehr als 24 Stunden zuvor. Diesel schlug mit zwei Euro pro Liter zu Buche - das entspricht dem Wert des Vortageszeitraums.

Auch die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hält deshalb eine Sonderabgabe für eine mögliche Antwort. Die Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe dazu beigetragen, dass die Preise für fossile Energie dramatisch gestiegen seien. "Dabei haben Unternehmen, wie etwa Mineralölkonzerne, ihre Verkaufspreise teilweise deutlich stärker erhöht, als die Einkaufspreise dies nötig gemacht hätten." Dröge nannte es ein Problem, wenn in einer Situation, in der die Menschen sowieso schon unter extrem hohen Preisen litten, Konzerne ihre Marktmacht nutzten, um Gewinne noch weiter zu steigern. Die Grünen-Fraktionschefin verwies darauf, dass andere Länder diesen Weg bereits gingen.

Italien hat bereits eine Übergewinnsteuer eingeführt

Tatsächlich hat Italien bereits im März eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne eingeführt, um ein Maßnahmenpaket zur Linderung der Auswirkungen des Ukraine-Krieges zu finanzieren. Auch Großbritannien hat angekündigt, angesichts drastisch gestiegener Energiepreise die Gewinne von Öl- und Gasunternehmen mit einer Sondersteuer von 25 Prozent belegen. Finanzminister Riski Sunak sprach zuletzt von einer befristeten, gezielten Abgabe angesichts der außerordentlichen Gewinne mancher Unternehmen. Ebenso prüft die US-Regierung angesichts der hohen Energiepreise Sondersteuern für Öl- und Erdgas-Produzenten, um das Geld ärmeren Bürgern zukommen zu lassen. "Es gibt eine Reihe von interessanten Vorschlägen und Gestaltungsmöglichkeiten für eine Übergewinnsteuer", sagte Bharat Ramamurti, Vize-Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates dieser Tage. "Wir prüfen alle sorgfältig und führen Gespräche mit dem Kongress über die Ausgestaltung."

In Deutschland zweifelt auch die Opposition, ob die vorübergehend gesenkte Mineralölsteuer bei den Bürgern ankommt, so wie das geplant ist. "Die Ampel muss jetzt genau hinschauen, ob es durch die Steuersenkung wirklich eine Preissenkung gibt", sagte Unionsfraktionsvize Jens Spahn der Bild am Sonntag. Ungerechtfertigten Extra-Gewinne müsse der Staat mit einer Steuer abschöpfen.

Allerdings hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vor solchen Vorhaben gewarnt, denn es sei nicht möglich herauszufinden, was ein "Übergewinn" sei. Auch Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts, warnt vor einem solchen Schritt. "Die Gewinne werden ja besteuert. Je nach Wirtschaftslage Sondersteuern für einzelne Branchen einzuführen, öffnet der Willkür und dem Populismus Tür und Tor", sagte er der Rheinischen Post.

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