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Springers Aktiengeschenk an Döpfner:Tango-Partner im Visier des Fiskus

Pure Zuneigung oder doch geschäftliches Interesse? Nach dem millionenschweren Aktiengeschenk untersucht das Finanzamt, wie eng die Beziehung zwischen Verlegerin Friede Springer und Vorstandschef Mathias Döpfner wirklich ist. Davon hängt ab, wie hoch die Steuern auf das Geschenk ausfallen.

Malte Conradi

An ihrer Freundschaft gibt es keinen Zweifel. Immerhin wählte er sie als Patentante für seinen Sohn aus, sie zog vom Berliner Stadtteil Dahlem in seine Nähe nach Potsdam und demnächst wollen sie gemeinsam einen Tango-Kurs belegen. Doch ist die Freundschaft auch eng genug für ein Millionen-Geschenk?

Das dürfte den Fiskus interessieren.

Als vor einigen Tagen bekannt wurde, dass Friede Springer, Eigentümerin des Axel Springer Verlags, ihrem Vorstandschef Mathias Döpfner ein Aktienpaket im Wert von rund 73 Millionen Euro übertragen hat, hieß es in dem Pressehaus, die Großzügigkeit habe einen "rein privaten Hintergrund". Man wird sich bei Springer nicht nur auf diese Sprachregelung geeinigt haben, um neugierige Journalisten-Fragen abzuwehren. Sie hat auch Auswirkungen darauf, wie viel Steuern Döpfner auf das Geschenk zahlen muss.

Sollte das Finanzamt nämlich zum Schluss gelangen, dass die Ursache für die Aktienübertragung im Arbeitsverhältnis Döpfners liegt, müsste er auf die Millionen Lohnsteuer zahlen. Mit Solidaritätszuschlag würden rund 36 Millionen Euro an Steuern fällig. Gelingt es Döpfner hingegen, das Amt davon zu überzeugen, dass Friede Springer ihm die Aktien aus purer Zuneigung überlassen hat, könnte er viel Geld sparen. Unter Umständen müsste er dann sogar nur etwa 2,5 Millionen Euro ans Finanzamt zahlen.

Schlupfloch für Döpfner?

Da Döpfner und Springer zwar befreundet, nicht aber verwandt sind, käme zunächst der maximale Schenkungsteuer-Satz von 50 Prozent zur Anwendung. Keine große Ersparnis also für Döpfner. Helfen könnte aber eine umstrittene Sonderregelung, die der Gesetzgeber erst bei der Erbschaftsteuerreform vor drei Jahren geschaffen hat: Die Verschonungsregel für Betriebsvermögen soll eigentlich verhindern, dass Firmen ausbluten, weil ihr Erbe hohe Steuern auf den Unternehmenswert zahlen muss. Unter bestimmten Umständen sieht die Regel vor, dass 85 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei übertragen werden können. Einige Steuerjuristen glauben, dass Döpfner dieses Schlupfloch nutzen kann.

Doch vieles spricht auch dagegen. Der Starnberger Steuerberater Thomas Roßknecht ist sich sicher, dass Döpfner schon mit dem Versuch scheitern würde, die Übertragung als Geschenk darzustellen. "Ich hätte Friede Springer anders beraten", sagt er. "Die Sache löst definitiv Lohnsteuer aus." Erst kürzlich habe er einen Fall betreut, in dem so entschieden wurde.

"Ohne Verwandtschaft können sie das nicht"

Um dem Finanzamt und vielleicht sogar einem Gericht glaubhaft zu machen, dass die Millionen aus persönlicher Zuneigung geflossen sind, müssten Döpfner und Springer darlegen, dass ihr privates Verhältnis schwerer wiegt als die Beziehung aus ihrem Arbeitsverhältnis. "Und ohne Verwandtschaft können sie das nicht", meint Roßknecht - auch wenn sie die Patentante seines Sohnes ist. Hinter vorgehaltener Hand spricht man bei Springer davon, mit dem Millionen-Geschenk wolle Friede Springer ihren Topmanager langfristig ans Haus binden. Solche Aussagen dürften nicht gerade dabei helfen, die Sache als privat darzustellen.

Anderer Ansicht ist Gunnar Knorr, Experte für Unternehmensbesteuerung bei der Kanzlei Oppenhoff und Partner. "Es ist in solchen Fällen schwer zu ergründen, ob es sich um eine Schenkung oder um Arbeitslohn handelt." Für ausgeschlossen hält Knorr es jedoch, dass Döpfner in Genuss der Verschonungsregel kommt. "Die greift hier nicht, dafür ist der übertragene Anteil am Unternehmen viel zu klein." Statt der zwei Prozent der Verlagsanteile, die Döpfner erhalten hat, hätte Springer ihm dafür mindestens 25 Prozent schenken müssen.

Doch so viele Aktien besitzt sie gar nicht: Fünf Prozent hat sie noch, 51,5 Prozent gehören der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik (Anteil der Witwe dort: 90 Prozent). Der Bestand der Firma, den die Verschonungsregel ja im Falle des Todes der Eigentümerin schützen soll, ist also längst gesichert.

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SZ vom 21.08.2012/bero
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