Süddeutsche Zeitung

Sprachassistenten:Alexa, eine Gefahr für Kinder

Ein Bundestags-Gutachten warnt Eltern vor Risiken durch die digitale Technik. Es könnten Persönlichkeitsrechte verletzt oder Daten gestohlen werden.

Von Simon Hurtz, Berlin

Alexa, bist du gefährlich für Kinder?" Die Antwort lautet: ja. Das sagen jedenfalls die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. Einem Gutachten zufolge birgt Amazons Sprachassistent Risiken für Minderjährige und unbeteiligte Gäste. Die Experten kritisieren, dass Kinder persönliche Informationen preisgeben oder mit ihrer Stimme Inhalte abrufen könnten, die für Minderjährige nicht geeignet sind. Außerdem könne Alexa Daten von Menschen sammeln, denen gar nicht klar sei, dass sie aufgezeichnet werden: Wer einen Haushalt mit einem smarten Lautsprecher besuche, wisse nicht immer, dass eine Software Umgebungsgeräusche aufzeichne.

In dem Gutachten bescheinigen die Wissenschaftliche Dienste Amazon, dass es Nutzer ausreichend darüber informiere, welche Daten es speichere und analysiere. Die Experten kritisieren aber, dass es für Alexa-Nutzer "häufig intransparent bleiben könnte, wann Daten tatsächlich erhoben werden". Die Echo-Geräte von Amazon übertragen die Aufzeichnung erst dann auf die Amazon-Server, wenn der Nutzer ein Aktivierungswort ausspricht. Zur Auswahl stehen "Alexa", "Computer", "Echo" oder "Amazon". Es kommt jedoch immer wieder vor, dass die Sprachsoftware versehentlich und unbemerkt aktiviert wird.

Mit Blick auf die USA sei unklar, "zu welchen weiteren Zwecken Amazon seine Daten zukünftig nutzen könnte". Amazon könnte ein Interesse daran haben, die Daten mit anderen Plattformen und Drittanbietern zu verknüpfen. Es könne auch sein, dass Kriminelle Zugriff auf die Daten in der Amazon Cloud erlangen. Dort seien viele Informationen gespeichert, sodass ein Hack "die Nutzer von Alexa besonders sensibel treffen" könne. In der Vergangenheit gab es aber keine Hinweise auf Sicherheitslücken bei Amazon.

Der fraktionslose Abgeordnete Uwe Kamann, der das Gutachten angefordert hatte, sieht Handlungsbedarf. Die Politik müsse auf einer nachvollziehbaren Einwilligungserklärung bestehen, die Nutzer auf alle Gefahren hinweise. Das betreffe die "Übertragung und Nutzung der Daten sowie der Daten von Dritten, die sich zufällig im Raum befinden", sagte Kamann. Einmal ein Häkchen für alles zu setzen, reiche nicht. Kamann hatte die Wissenschaftlichen Dienste nach Alexa gefragt, dieses Problem betreffe aber nicht nur Amazon: "Bei allen sprachbasierten Aufzeichnungssystemen gibt es diesen kritischen Punkt." Digitale Sprachassistenten wie Alexa, Siri von Apple oder der Google Assistant können Fragen beantworten, bestimmte Musik abspielen, Lebensmittel bestellen und andere Aufgaben erledigen. Sie eignen sich auch, um das Smart Home zu steuern.

Amazon speichert die Aufzeichnungen unbegrenzt und löscht die Daten nicht von selbst. Normalerweise werden die Daten von Maschinen ausgewertet. Im April deckte Bloomberg auf, dass Tausende Audioclips auch von Amazon-Mitarbeitern abgehört werden. Demnach sitzen Teams des Konzerns in verschiedenen Städten über den Globus verteilt und bearbeiten eine Auswahl der Aufzeichnungen. Angeblich werden teilweise auch sehr private Audionachrichten in größeren Team-Meetings besprochen. In internen Chat-Kanälen würden amüsante Audioclips geteilt.

Wer die Alexa-Daten löschen will, meldet sich in seinem Amazon-Konto an, klickt auf "Mein Konto" und wählt in der Dropdown-Liste das Menü "Meine Inhalte und Geräte" aus. In der oberen Leiste befindet sich der Menüpunkt "Alexa-Datenschutz". Dort klickt man auf "Sprachaufnahmen-Verlauf überprüfen". Anschließend lassen sich einzelne oder alle Aufzeichnungen für einen bestimmten Zeitraum entfernen. Außerdem kann das Löschen per Sprachbefehl ("Alexa, lösche, was ich gerade gesagt habe" oder "Alexa, lösche alles, was ich heute gesagt habe") aktiviert werden.

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Quelle:
SZ vom 10.07.2019
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