SportwettenDas war's

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Ein Gericht stoppt die Lizenzvergabe endgültig. Die Entscheidungsstruktur des Gremiums, in dem die 16 Bundesländer die Glücksspielregulierung aushandeln, verstoße gegen das Grundgesetz.

Von Jan Willmroth, München

Ein Freitagnachmittag im Oktober, ein weiteres Bundesligawochenende erwartet die etwa drei Millionen Menschen, die hierzulande regelmäßig auf Sportereignisse wetten. Um die 4500 Wettbüros öffnen dazu ihre Türen, weit über 100 Internetanbieter konkurrieren um das Geld all jener, die mit Tipps auf Formel-1-Rennen, Fußballspiele oder Tennis-Turniere ihr Glück versuchen. Es ist ein Milliardengeschäft, das bislang in einem unregulierten und weitgehend illegalen Markt stattfindet.

Dabei wird es vorerst bleiben, nachdem die Bundesländer am Freitag vor Gericht eine deutliche Niederlage erlitten haben. Der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hat in einem nicht mehr anfechtbaren Urteil das Vergabeverfahren für Sportwettenanbieter endgültig gestoppt. Es sah vor, dass 20 Wettanbieter probeweise für fünf Jahre eine Konzession erhalten und damit erstmals legal Sportwetten anbieten dürfen. Im Namen der übrigen Bundesländer war Hessen seit 2012 für die Lizenzvergabe zuständig. Mehrfach mussten die Beamten das Vergabeverfahren verlängern. Seit Sommer 2014 ist es abgeschlossen - und wird seither durch Klagen privater Wettanbieter hinausgezögert.

Das Kasseler Urteil war mit Spannung erwartet worden. Im Kern schlossen sich die Richter ihren Kollegen der vorigen Instanz am Verwaltungsgericht Wiesbaden an: Das Konzessionsverfahren sei fehlerhaft und intransparent verlaufen; die Gewichtung der Auswahlkriterien stehe nicht im Einklang mit den im Glücksspielstaatsvertrag formulierten Vorgaben. Diesen Punkt hatte das VG Wiesbaden ausführlich dargestellt und die Behörden in ungewöhnlich scharfer Form abgekanzelt. Geklagt hatte ursprünglich einer der 20 im Vergabeverfahren unterlegenen Wettanbieter.

Der Senat in Kassel geht nun erheblich weiter. Die gesamte Entscheidungsstruktur des Gremiums, in dem die 16 Bundesländer die Glücksspielregulierung aushandeln, verstoße gegen das Grundgesetz, schreiben die Richter in der Urteilsbegründung. Hessen ist zwar für die Vergabe der Lizenzen zuständig - muss sich aber an die Entscheidung des Glücksspielkollegiums halten. In dem Gremium entscheiden die 16 Länder mit Zwei-Drittel-Mehrheit. Gemäß dem Grundgesetz müsste ein Hoheitsakt Hessens auch auf das Bundesland zurückzuführen sein. "Dieser vom Grundgesetz vorgegebenen bundesstaatlichen Ordnung wird der Glücksspielstaatsvertrag mit der von ihm gewählten Aufgabenverteilung nicht gerecht", heißt es im Urteil, und weiter: Das Glücksspielkollegium sei in der ihm zugedachten Funktion nicht hinreichend demokratisch legitimiert.

Damit steht erneut die gesamte Glücksspielregulierung infrage. Ausgehend von dem Urteil könnten auch weitere Entscheidungen des Glücksspielkollegiums grundgesetzwidrig sein. Zuletzt hatte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) eine Marktöffnung für Wettanbieter und Onlinekasinos vorgeschlagen. Dies gilt unter den Ländern bislang nicht als mehrheitsfähig.

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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