Nein, für eine neue Generation Golf wird Helene Fischer wohl nicht sorgen, obwohl sie sich wirklich Mühe gibt: Sie tanzt als Hippie verkleidet vor einem Bully, sie lehnt lässig als Rennfahrerin am Käfer "Herbie". Dann verkündet sie brav, dass es nun einen Golf in der Helene-Fischer-Edition gebe. Nur sehr böse Menschen werden behaupten, dass diese wunderbaren Werbefilmchen peinlich sind - doch weil die Welt voller böser Menschen ist, hat sich im Internet ein Sturm der Entrüstung entfaltet gegen die Kampagne des Autobauers mit der Sängerin.
Die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Musikern ist nicht neu: Bereits im Jahr 1895 - und damit vor der Einführung von Santa Claus - verpflichtete der Brausehersteller Coca Cola die Sängerin Hilda Clark als Model für zahlreiche Kampagnen, Konkurrent Pepsi Cola rief Mitte der 1980er Jahre gemeinsam mit Michael Jackson zur Melodie von "Billie Jean" die Generation Pepsi aus. Auch vom Golf hatte es vor der Helene-Fischer-Edition bereits Sondermodelle mit den Bands Pink Floyd, Rolling Stones und Bon Jovi gegeben.
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Werbung ist nicht mehr böse, Möbelhäuser sind nicht mehr uncoool
Neu ist indes, wie intensiv Künstler mit Firmen kooperieren und dass sich der Erfolg von Musikern nicht mehr unbedingt in verkauften Exemplaren eines Albums oder der Auslastung der Arenen bei Tourneen bemessen lässt, sondern dadurch, mit welchen Unternehmen sie zusammenarbeiten und wie viel Geld sie dafür bekommen.
Bis vor wenigen Jahren galt der Auftritt in einem Möbelhaus als nicht zu leugnendes Beispiel für den kommerziellen Misserfolg eines Künstlers, ein Werbevertrag als Zeugnis des Ausverkaufs. Wenn aber die Sängerin Eliza Doolittle einen sechsstelligen Dollarbetrag für einen Auftritt bei der Eröffnung einer Supermarktfiliale bekommt, dann klingt das nicht unbedingt nach finanziellem Ruin. Und wie uncool kann die Teilnahme an einem Werbespot schon sein, wenn sich selbst Bob Dylan durch den Clip eines amerikanischen Autobauers nuschelt und sich damit als Teil des Establishments identifiziert?
Musiker sind auch nur Marken
"Wir haben die Hippie-Ära, in der jede Form der Kommerzialisierung als verpönt galt, hinter uns gelassen. Die junge Generation ist mit diesen Marken aufgewachsen und kennt sie als Teil des täglichen Lebens", sagt Steven Jensen von der Direct Management Group in Los Angeles. Die Musiker würden nicht mehr den Eindruck erwecken, ihre künstlerischen Seelen für schnöden Mammon zu verkaufen: "Es widert die Fans nicht mehr an, sie sind noch nicht einmal überrascht."
Jensen weiß, wovon er spricht, er kümmert er sich um die Marke Katy Perry. Ja, richtig gelesen: Er vermarktet nicht nur eine Sängerin, die Alben veröffentlicht und Konzerte gibt. Er betrachtet Perry als Unternehmen, das auf dem Markt positioniert werden muss: "Wir wollen, dass die Menschen so oft wie möglich an Katy denken - und wenn die Partnerschaft mit einem Unternehmen dazu führt, dass sich ihr Name in den Gehirnen festsetzt, dann machen wir das." Bands are brands - Musiker sind Marken. Und die gehen nun mal Partnerschaften mit anderen Marken ein.
Es gab da etwa den Werbespot des Finanzunternehmens Citigroup. Katy Perry spielt darin nicht die Hauptrolle, sondern ein kleines Mädchen, das seinen Vater anbettelt, Karten für ein Konzert der Sängerin zu kaufen, deren Welttournee gerade begonnen hatte. Am Ende ist das Lied "Roar" zu hören, während ein Sprecher die Vorzüge der neuen Kreditkarte anpreist. Doch damit nicht genug: Während der Tournee gab es hinter der Bühne eine Lounge des Unternehmens, in Australien hatten Citibank-Kunden als erste Zugriff auf Karten im Vorverkauf. Im September gab es im Hollywood Bowl in Los Angeles ein Exklusiv-Konzert für Kunden. Jensen spricht nicht davon, dass sich ein Unternehmen die Dienste einer angesagten Künstlerin gesichert hat: "Ich würde es eine Partnerschaft nennen. Es klang kreativ und hat uns gefesselt."
Die Tournee selbst wurde übrigens von der Büroartikel-Kette Staples gesponsert, die ihren Slogan "Make More Happen" kurzzeitig in "Make Roar Happen" änderte, unter kauffreudigen Kunden Tickets verloste und eine Auswahl Fans zu einem Treffen mit Perry einlud - beim Konzert im Staples Center in LA. Wie viel Citigroup und Staples für diese Partnerschaften bezahlen, will Jensen jedoch nicht sagen.
Autowerbung beim Super Bowl:Sie haben andere Sorgen
Die Autoindustrie warb stets gern im Rahmen des Super Bowl. Doch für die kommende Auflage des American-Football-Finales haben die Hersteller bislang kaum Werbezeit gebucht. Das liegt an horrenden Preisen, der digitalen TV-Konkurrenz - und defekten Zündschlössern.
Konzerne zahlen Musikvideos - und haben ihr Logo im Abspann
In Zeiten stagnierender Einnahmen durch den Verkauf von Musik erweisen sich die Kooperationen als lohnenswerte Alternative - und auch als Gradmesser für die Popularität eines Künstlers. Vor wenigen Wochen präsentierte der Computerspielhersteller Blizzard in Anaheim nicht nur seine neuen Produkte, sondern auch die Rockband Metallica. So etwas kostet laut der Agentur Booking Entertainment etwa 500 000 Dollar. In dieser Preiskategorie sind auch Gwen Stefani, Mariah Carey und Lenny Kravitz zu buchen. Mehr als eine Million Dollar dagegen kostet ein Konzert von Jennifer Lopez, Beyoncé oder Fleetwood Mac. Freilich gibt es auch Schnäppchen: Alice Cooper, Cobie Caillat und Jessie J kommen für weniger als 150 000 Dollar, für Body Count oder die Cranberries muss ein Unternehmen gar nur 50 000 Dollar hinblättern.
Konzerne veranstalten mittlerweile Konzertreihen wie etwa Red Bull im November die Serie "30 Days in L.A.", bei der jeweils eine bekannte Band wie Run the Jewels mit einer Nachwuchsgruppe auftrat. Beim Schuhhersteller Converse gibt es gar einen, auf dessen Visitenkarte Director of Music Marketing steht. Er heißt Jed Lewis und fördert junge Bands: "Wir freuen uns natürlich, dass so viele junge Künstler unsere Schuhe an den Füßen haben." Seine Aufgabe ist es, dass sie auch nach dem Durchbruch Chucks tragen. Lady Gaga organisierte eine Show mit dem Chipsfabrikanten Doritos und erklärte danach, dass ihr Plattenlabel das niemals hätte auf die Beine stellen können, die Rockband OK Go ließ sich die Produktion eines Musikvideos von einem Versicherungsunternehmen finanzieren - am Ende musste das Firmenlogo drei Sekunden lang zu sehen sein.
Für die Unternehmen lohnt sich die Zusammenarbeit mit Musikern, weil bestenfalls etwas von der künstlerischen Coolness auf die Firma abstrahlt. Die Sänger und Bands verdienen Geld und sind mittlerweile befreit von dem Vorwurf, sich zu verkaufen. Beide Seiten profitieren.
Nur böse Menschen werden behaupten, dass es hin und wieder auch für alle eher schädlich sein kann und als Beispiel die Helene-Fischer-Spots anführen. Aber die Welt ist ja voller böser Menschen.