Süddeutsche Zeitung

Sponsoring:Ein Möbelhaus überwindet den Hass

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Ausgerechnet die beiden Fußballklubs RB Leipzig und Union Berlin haben denselben Förderer.

Von Sebastian Fischer

Die Fußballfans von RB Leipzig und Union Berlin sind nicht unbedingt die besten Freunde. Als der Bundesligist und der Zweitligist im vergangenen Jahr zuletzt aufeinandertrafen, war allerorts von einem "Klassenkampf" die Rede: Die Berliner Anhänger schwiegen aus Protest während der ersten 15 Spielminuten. Ein anderes Mal kleideten sie sich ganz in schwarze Regenponchos, stets schreien sie die branchenüblichen Beleidigungen durchs Stadion. Es ist also eine Art Friedensmission, auf die sich nun der Möbelhersteller Porta begibt: Er unterstützt beide Vereine als Sponsor.

Die Geschichte der Rivalität geht so: Rasen-Ballsport Leipzig gilt vielen aufgrund seines allmächtigen Gesellschafters, dem Getränkehersteller Red Bull, als Auswuchs der Kommerzialisierung im Sport; Union Berlin steht dagegen für Tradition und Bodenständigkeit, die Anhänger beteiligten sich am Bau des Stadions in Berlin-Köpenick. In der Vereinshymne des Klubs singt Nina Hagen: "Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen? Eisern Union!" Im Vereinslied von RB heißt es dagegen: "Natürlich außer Konkurrenz/Wegen Intelligenz". Unterschiedlicher könnten zwei Vereine kaum sein.

Das Möbelhaus Porta, mit einem Jahresumsatz von 1,25 Milliarden Euro und 22 Filialen eines der größten in Deutschland, stört das offenbar nicht. Das Unternehmen mit Sitz in Porta Westfalica ist seit September 2016 Premium-Sponsor in Leipzig, damals sagte Mitinhaberin Birgit Gärtner: "Was uns besonders an den Roten Bullen fasziniert, ist die klare Zielsetzung, Fußball als Familienerlebnis zu gestalten." Und was fasziniert Porta an Union Berlin so sehr, dass das Unternehmen für ein Co-Sponsoring nach Informationen des Magazins Sponsors 100 000 Euro im Jahr bezahlt? Gärtner sagt: "Für uns als Familienunternehmen ist der Zusammenhalt einer Familie das höchste Gut und genau das haben wir hier bei Union finden können." Nun ja.

In Fankreisen sind Engagements wie diese durchaus ein Thema. Anhänger von Borussia Mönchengladbach kaufen ungern bei Rewe ein, dem Hauptsponsor des Lokalrivalen 1. FC Köln, dessen Fans wiederum Gladbach-Partner Postbank meiden. Wer den FC Bayern nicht mag, der hat auch Vorbehalte gegenüber Hauptsponsor Telekom - bei Millionen von Fußballfans kein unerhebliches Phänomen. Und Anhänger von Union und RB sollen jetzt ihr Sofa beim gleichen Händler kaufen? Kann das funktionieren?

Wirtschaftswissenschaftler der Unis in Glasgow und Cardiff sagen: jein. 2006 haben sie die Auswirkungen des Sponsorings des ehemaligen britischen Telekommunikationsunternehmens NTL untersucht, das sowohl Celtic Glasgow als auch die Glasgow Rangers unterstützte, zwei der ärgsten Rivalen im Weltfußball. Die Markenbekanntheit wuchs zwar, doch das Image, die letztendlich relevantere Größe für den Umsatz, litt eher; die Fans hatten für den Deal kein Verständnis.

Porta allerdings scheint ein Faible für derartige Projekte zu haben. Das Unternehmen engagiert sich auch im Eishockey, bei den Kölner Haien und den Eisbären Berlin. Deren Fans können sich auch nicht leiden.

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Quelle:
SZ vom 20.01.2017
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