Spielzeug aus China:Qualität made in China?

Verbraucherschützer fordern mehr unabhängige Produktprüfungen für importiertes Spielzeug - doch es gibt zu wenig Personal. Auch ein neues Gütesiegel ist im Gespräch.

Sibylle Haas

Nach dem Rückruf von gesundheitsschädlichem Spielzeug aus China wird die Forderung nach schärferen Kontrollen lauter. Verbraucherschützer werfen der Bundesregierung und der EU-Kommission mangelndes Problembewusstsein vor. Sie fordern, dass intensiver geprüft und kontrolliert wird. Auch die Landesgewerbeanstalt (LGA) kritisiert, es gebe zu wenig Produktprüfungen durch unabhängige Stellen.

Der amerikanische Spielwarenkonzern Mattel hatte vor kurzem zwei Mal innerhalb von zwei Wochen knapp 20 Millionen in China produzierte Spielsachen, vor allem Puppen und Spielzeugautos, wegen überhöhten Bleigehalts oder gefährlicher ablösbarer Magnetteile zurückgerufen. Der amerikanische Spielwarenhändler Toys R Us nahm vor wenigen Tagen Baby-Lätzchen aus China wegen erhöhten Bleigehalts aus den Regalen.

"Der Importeur verlässt sich häufig nur auf seine eigene Qualitätssicherung. Kleine Importeure haben oft gar keine", sagt Michael Jungnitsch, Geschäftsführer der LGA Beteiligungs GmbH und beim TÜV Rheinland zuständig für Produktsicherheit. Die LGA ist das größte Prüfinstitut Europas für Spielzeug und gehört zum TÜV Rheinland.

"Über ein Importverbot für China nachdenken"

Sylvia Maurer, die bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) das Thema Produktsicherheit betreut, verlangt mehr staatliche Kontrollen: "Dafür müssten jedoch der Zoll und die Gewerbeaufsicht personell besser ausgestattet sein." Wegen des Kostendrucks wird in den Marktaufsichtsbehörden gespart. "Die Überwachungsbehörden haben deshalb wenig Möglichkeiten, um gegen schwarze Schafe vorzugehen", sagt LGA-Geschäftsführer Jungnitsch.

China ist einer der größten Exporteure von Spielwaren nach Europa. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden stiegen die Importe nach Deutschland in den vergangenen zehn Jahren von 500 Millionen auf 1,8 Milliarden Euro.

Deshalb sei es unabdingbar, dass das Land die europäischen Standards erfülle, betont Verbraucherschützerin Maurer. Im vorigen Jahr kamen 48 Prozent aller fehlerhaften Produkte allein aus China, so Jungnitsch. "Wenn die Qualitätsstandards dauerhaft unterschritten werden, dann sollte man über ein Importverbot für Spielzeug aus China nachdenken", empfiehlt Maurer.

Das Vordringen von Spielwaren aus chinesischer Fertigung hänge vor allem mit dem Wunsch der Konsumenten nach billigem Spielzeug zusammen, betont der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie (DVSI). "Der daraus resultierende Kostendruck wird in der gesamten Lieferkette weitergegeben", erklärt Verbands-Geschäftsführer Volker Schmid. Firmen in China versuchten, wie jeder andere Hersteller auch, diesen Druck durch die Minimierung der Herstellungskosten aufzufangen.

Die chinesischen Hersteller befassten sich erst seit 20 Jahren mit der Produktion von Spielzeug und seien mit der europäischen Spielzeugsicherheit noch nicht so vertraut, sagt Schmid. Die Sicherheit von Spielzeug sei umfassend geregelt. Die EU-Richtlinie dazu habe mehr als 200 Seiten, so Schmid: "Spielzeugsicherheit basiert im Wesentlichen auf dem Wissen der Verantwortlichen in der gesamten Lieferkette." Daher habe man als weltweit erster und bisher einziger Verband einen Spielzeugsicherheitsservice entwickelt.

Zusammen mit dem TÜV Rheinland biete der Verband deshalb die Ausbildung zur "Spielzeugsicherheitsfachkraft" an. Von Oktober an könnten alle Mitarbeiter der Lieferkette an diesen Lehrgängen teilnehmen.

Die Einführung eines einheitlichen Sicherheitskennzeichens beurteilen die Fachleute unterschiedlich. Über dieses Thema sowie über die Produktsicherheit von Spielzeug sollen Hersteller, Verbände und Verbraucherschützer an diesem Donnerstag beim Bundeswirtschaftsminister diskutieren. Ziel ist es, den Verbrauchern zusätzliche Hilfen für die Kaufentscheidung zu liefern.

"Ein Gütesiegel allein ist kein Ersatz für staatliche Kontrollen", sagt Maurer von der Verbraucherzentrale. Ein Gütezeichen sollte sich nicht nur auf das Produkt beziehen, sondern auf den gesamten Produktionsprozess. "Das schließt die Arbeitsbedingungen in den Fabriken ein, denn menschenunwürdige Arbeitsverhältnisse gehen zu Lasten der Produktqualität", erklärt sie.

"Mit allen Sinnen einkaufen gehen"

Nach Angaben der Verbraucherinitiative, dem Bundesverband kritischer Verbraucher, gibt es in Deutschland schätzungsweise 1000 verschiedene Produktkennzeichnungen, darunter nicht nur Güte- und Prüfzeichen, sondern auch Eigenmarken. Statt ein weiteres Sicherheitskennzeichen einzuführen, sei es sinnvoller, die europaweite CE-Kennzeichnung zu verbessern, sagt DVSI-Geschäftsführer Schmid. Mit der CE-Kennzeichnung erklärt der Hersteller oder Importeur lediglich in eigener Verantwortung, dass das Produkt den europäischen Sicherheitsbestimmungen entspricht.

Die CE-Kennzeichnung sei für den Verbraucher wenig hilfreich, da sie nichts über die Qualität des Produktes aussage, so Verbraucherschützer. Sylvia Maurer von der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert die CE-Kennzeichnung, weil sie kein unabhängiges Gütezeichen sei, aber von den Verbrauchern oft als solches interpretiert werde. Aussagefähiger sei dagegen das freiwillige deutsche GS-Zeichen, das für geprüfte Sicherheit steht und nach einer unabhängigen Prüfung etwa durch den TÜV vergeben wird. GS ist ein lizensiertes Zeichen der deutschen Regierung.

Michael Jungnitsch von der LGA empfiehlt den Verbrauchern, "mit allen Sinnen einkaufen zu gehen. Wenn ein Spielzeug stark nach Gummi oder Plastik stinkt, wenn es scharfe Ecken und Kanten hat, sollte man lieber die Finger davon lassen."

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