Spielwarenmesse:Für die Kinder von morgen

Lego Enthusiasts Gather For Brick 2014

Kleine Kinder haben immer mehr Affinität zu bekannten Kinohelden wie Batman. Darauf reagieren zunehmend auch Spielzeugkonzerne wie der Bauklotz-Hersteller Lego.

(Foto: Dan Kitwood/Getty Images)

Die 69. Spielwarenmesse in Nürnberg steht im Zeichen des Lizenzgeschäfts: Wer wann die Rechte an welchen Marken erwirbt, kann entscheidend sein, um sich auf dem hart umkämpften Markt zu behaupten.

Von Maximilian Gerl, Nürnberg

Super Mario fliegt jetzt Quadrokopter. Asterix und Obelix posieren als Plüschfiguren. Nebenan gibt es Superheldenkostüme. Minnie Mouse lächelt von einem Puppenset herab. Ein Puzzlefabrikant wirbt mit einer 3-D-Version von Harry Potters Zauberschule Hogwarts. Ist das jetzt noch Spielzeug oder schon Merchandise? Ein Mitarbeiter lächelt nur: "Das ist auch für Sammler interessant."

Die Nürnberger Spielwarenmesse ist das Großereignis einer Branche, die Spaß für Groß und Klein verkauft. 2900 Aussteller mit einer Million Produkte werben noch bis Sonntag um Aufmerksamkeit, bunt, schrill und bisweilen laut geht es zu. Die Show macht das Produkt. Allerdings nicht mehr ausschließlich. Die Geschichte hinter dem Produkt wird immer wichtiger - und das Geschäft damit. Wer wann die Rechte an welchen Marken erwirbt, kann entscheidend sein, um sich auf dem hart umkämpften Markt zu behaupten.

"Der Optimismus des Vorjahres hat sich auf hohem Niveau bewahrt."

Das vergangene Jahr war schwierig, sagen viele Aussteller auf der Messe. Dabei sieht die Lage zunächst gar nicht schlecht aus: Der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels schätzt, dass die Deutschen im vergangenen Jahr 3,1 Milliarden Euro für Spielzeug ausgegeben haben, etwa zwei Prozent mehr als 2016. Auch für die kommenden Monate rechnen viele Unternehmen mit guten Geschäften. Einer Umfrage des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie zufolge erwarten nur zehn Prozent ihrer Mitglieder, weniger zu verdienen. "Der Optimismus des Vorjahres hat sich auf hohem Niveau bewahrt", stellt die Studie fest. Doch die Branche steht vor Herausforderungen. Der Markt für Spielwaren wandelt sich. Der US-Konzern Hasbro etwa hat zuletzt geschwächelt. Toys"R"Us, die weltweit größte Handelskette für Spielwaren, hat im September Insolvenz beantragt. Die Konkurrenz durch Internet-Händler wurde zu groß. Vergangene Woche teilte die Firma mit, jede fünfte der 180 US-Filialen zu schließen. Und Lego gab gerade bekannt, 2017 in Deutschland ein Umsatzminus von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt zu haben. Es ist das vorläufige Ende jahrelangen Wachstums.

"Es reicht nicht mehr aus, nur ein Produkt ins Regal zu stellen", sagt Michael Sieber. Er ist Chef von Simba Dickie, mit einem Umsatz von zuletzt 645 Millionen Euro der zweitgrößte deutsche Spielwarenhersteller. Die Gruppe vereint unter ihrem Dach Marken von Bobbycar bis Märklin. Ein klassischer Mehrbranchenanbieter - entsprechend genau beobachten die Fürther die Markttrends. "Content ist Gold", sagt Sieber. "Kinder spielen gerne Geschichten nach, die sie kennen." Simba Dickie hat darum zum Jahreswechsel die schwedische Entertainmentgesellschaft Ruta Ett AB übernommen. Sie produziert die Zeichentrickserie "Die Helden der Stadt", dem gleichnamigen Youtube-Kanal folgen mehr als 394 000 Menschen. Das sei ja die große Frage, sagt Sohn Florian Sieber, Geschäftsführer bei Märklin: "Wie sprechen wir die Kinder von morgen an?" Videoplattformen wie Youtube würden immer wichtiger, um mit der Zielgruppe überhaupt in Kontakt zu kommen.

Lizenz-Spielwaren sollen bis 2020 ein Wachstum von 14 Prozent bringen

Wie moderne Kommunikation und Lizenzen Hand in Hand gehen können, hat Lego in den vergangenen Jahren vorgemacht. 1999 erwarben die Dänen die Lizenz für "Star Wars". Inzwischen sind weitere Marken wie Batman dazukommen - und eigene Kinofilme, Computerspiele, Apps. Entsprechend viel Aufmerksamkeit wird man dem Lizenzgeschäft auch künftig widmen. Lego hat eine Kooperation mit Bugatti angekündigt, der Chiron soll bald für die Technic-Reihe erscheinen. Außerdem will das Unternehmen den Kinostart von "Jurassic World 2" mit Bausets begleiten. Solche Lizenzen, so Lego-Deutschland-Chef Frédéric Lehmann, seien "genauso wichtig" wie die eigenen Kernlinien, mit denen Kinder Geschichten aus dem Alltag nachspielen könnten. "Die Kombination macht es aus." Ähnlich sieht das die Firma Steiff. Der Plüschtierfabrikant brachte in den 1950er-Jahren die erste Micky-Maus-Kollektion heraus. Zum 90. Geburtstag der Disney-Figur ist eine Neuauflage geplant. Der Bestseller aber sei weiter der klassische Teddybär, sagt eine Sprecherin.

Es ist also nichts Neues, was da gerade in der Branche passiert. Neu ist hingegen, welche Dimension das Lizenzgeschäft angenommen hat. Das Potenzial ist enorm. Die Organisatoren der Spielwarenmesse erwarten bei den Lizenzspielwaren ein Wachstum von 14 Prozent bis 2020 - deutlich mehr als bei Spielwaren ohne Lizenz. Auf der Messe gibt es in diesem Jahr deshalb erstmals ein "License Preview". Studios wie NBC Universal können dort ihre neuesten Filme und Themen "vor ausgewählten Geschäftskunden" präsentieren. Walt Disney hat gleich direkt am Eingang Platz bekommen, um in einer Ausstellung Figuren und Filme aus dem Marvel-Comic-Universum vorzustellen.

Bestenfalls gehen Spielwarenhersteller und Markeninhaber eine Win-win-Situation ein. Die einen erweitern ihr Angebot. Die anderen bekommen Marketing. Trotzdem bleiben ein paar Unwägbarkeiten. Gute Geschichten kennen keine Grenzen, Märkte schon. Die Spielwarenverkäufe in Russland haben im vergangenen Jahr um elf Prozent zugelegt; deutsche Unternehmen profizieren davon nicht, der EU-Sanktionen wegen. In Großbritannien leiden seit der Brexit-Ankündigung die Umsätze. Sie gingen zuletzt um 2,8 Prozent zurück auf 3,4 Milliarden Pfund. Und dann ist da noch Donald Trumps Drohung von Strafzöllen. Sollte der US-Präsident sie wahr machen, könnte sich der Wandel der Spielwarenindustrie beschleunigen. Drei Viertel aller Spielwaren, schätzen Experten, werden in China gefertigt.

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