Süddeutsche Zeitung

Spielwaren:Ausgespielt

Der Spielzeughändler Toys R Us schließt in den USA alle Läden. Auch Wochen nach der Insolvenz scheint keine Lösung in Sicht. Unklar ist, wie es mit den deutschen Filialen weitergeht.

Von Uwe Ritzer

"Heuschrecken" hat sie der frühere SPD-Chef Franz Müntefering einmal genannt. Finanzinvestoren, die Firmen auf Pump kaufen, ihnen die Schulden aus der Übernahme aufbürden und sich dann wundern, dass die Unternehmen nicht mehr auf die Beine kommen. Schlagen dann auch noch operative Probleme durch, setzt eine rasante Talfahrt ein. Ein Paradebeispiel dafür ist die 70 Jahre alte amerikanische Spielwarenhandelskette Toys R Us, die auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern präsent ist.

Vorigen Herbst hatte die Muttergesellschaft in den USA Gläubigerschutz beantragt und einen Sanierungsversuch im Zuge eines Insolvenzverfahrens gestartet. Auf einen Schlag wurden 180 Filialen geschlossen. Das half aber nichts; der Rettungsversuch ist gescheitert. Weder waren die Gläubiger für eine Umschuldung der etwa vier Milliarden Euro Verbindlichkeiten zu gewinnen, noch fand sich ein Käufer. Weshalb alle 735 Filialen in den USA geschlossen werden, wo Toys R Us etwa 33 000 Menschen beschäftigt, gut die Hälfte der weltweiten Belegschaft. Schrittweise soll die US-Firma in den kommenden Monaten abgewickelt werden.

Gleiches gilt auch für die Tochtergesellschaften in Australien, Frankreich, Polen, Portugal und Spanien. Nicht von der Insolvenz betroffen ist der deutsche Ableger. Hier arbeiten mehr als 1800 Menschen in 66 Märkten und der Kölner Zentrale. Von dort heißt es, alles laufe weiter wie gehabt, Restrukturierung und Investorensuche würden vorangetrieben. Doch die Unsicherheit ist groß. "Die Toys R Us-Mitarbeiter in Deutschland möchten jetzt vor allem wissen, wie es weitergeht, doch bislang gibt es dazu keine konkreten Informationen", sagte Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Rogge der Wirtschaftswoche.

Vor 13 Jahren hatten die drei Beteiligungskapitalfirmen KKR & Co., Bain Capital und Vornado Reality Trust Toys R Us gekauft. Ihr Plan war es, das Unternehmen an die Börse zu bringen und dann groß Kasse zu machen. Doch die Schulden aus der Übernahme erwiesen sich bis jetzt als riesiges Problem. Letztendlich fehlt dem Unternehmen mit Sitz in Wayne im US-Bundesstaat New Jersey seit Jahren das notwendige Kapital, um sich neu auszurichten.

Hinzu kamen aber auch hausgemachte Probleme: Toys R Us fand zumindest in den USA kein Konzept, um im Internethandel zu bestehen. Der wird aber immer wichtiger. Allein in Deutschland werden inzwischen 37 Prozent der Spielwaren online verkauft.

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Quelle:
SZ vom 16.03.2018
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