Spekulationen um Verbindung zur Mafia:Aufregung um Unicredit

  • Die Mafia-Jäger ermitteln unter anderem gegen Fabrizio Palenzona, den Vizepräsidenten des Aufsichtsrats der Unicredit.
  • Vor allem interessieren sie sich für die Beziehungen der Bank zu einem sizilianischen Unternehmen.

Von Ulrike Sauer, Rom

Noch nie in den vergangenen fünf Jahren an der Spitze von Unicredit war die Lage für Federico Ghizzoni so brenzlig. Die Profite des Geldkonzerns sind spärlich, jedenfalls verglichen mit der Mailänder Rivalin Banca Intesa. Die europäischen Bankenaufseher sind besorgt über das dürftige Eigenkapitalpolster der Mutter der Hypo-Vereinsbank. Der Börsenkurs enttäuscht die Anleger. Unter den Aktionären rumort es. Nun hofft Ghizzoni seine Stellung mit einem großen Wurf abzusichern. Am 11. November wird er seinen "Strategieplan 2016-2018" präsentieren. Doch seit drei Wochen schlägt sich der 60-Jährige vorrangig mit Schadensbegrenzung herum. Am 8. Oktober schickte die Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft aus Florenz Fahnder los, um die Büros und Privatwohnungen von Unicredit-Managern zu durchsuchen.

Die Mafia-Jäger ermitteln gegen Fabrizio Palenzona, den Vizepräsidenten des Aufsichtsrats, und gegen führende Bankmitarbeiter. Sie interessieren sich für die Beziehungen der Bank zu dem sizilianischen Unternehmer Andrea Bulgarella, der dem untergetauchten Superboss Matteo Messina Denaro nahestehen soll, die Nummer eins der Cosa Nostra.

Riesenproblem mit dem Ruf

Unicredit sitzt auf 60 Millionen Euro Altkrediten an Bulgarella. Das Geld war dem Bauunternehmer aus Trapani vor Jahren vom Banco di Sicilia und von der römischen Capitalia geliehen worden. Die Kreditinstitute gingen später in einer Großfusion in Unicredit auf. Laut Durchsuchungsbefehl soll Palenzona Bulgarella getroffen und sich für eine Umschuldung zu dessen Gunsten eingesetzt haben. Die Ermittler stützen sich auf abgehörte Telefonate. Ihr Verdacht: Betrug, diverse Finanzdelikte und Begünstigung der Mafia. Der Anwalt weist die Vorwürfe entschieden zurück. Besonders im Visier haben die Staatsanwälte Roberto Mercuri, Palenzonas rechte Hand.

Die Ergebnisse der internen Nachforschungen ließen Ghizzoni aufatmen. Beim Audit kamen keine Verstöße gegen Verhaltensregeln der Bank ans Licht, teilte Unicredit mit. Der zuständige Kreditausschuss habe den Umschuldungsantrag am 23. April, am 16. Juni und am 1. Juli abgelehnt. Doch aus dem Schneider ist der bedrängte Unicredit-Chef damit nicht. Er hat nun ein Riesenproblem mit dem Ruf seines Konzerns.

Der Mafia-Verdacht der Justiz setzt ihn schwer unter Druck. Damit die Bank nicht von Gerüchten und Spekulationen aufgerieben wird, gibt es in den kommenden Tagen wohl die ersten Konsequenzen. Sowohl Massimiliano Fossati, verantwortlich für das Risiko-Management, als auch Alessandro Cataldo, der für Unternehmenskredite in Italien zuständig ist, werden voraussichtlich geopfert. Gegen beide wird ermittelt. Zudem sind neue Regeln der Unternehmensführung und eine klare Trennung zwischen Aufsichtsrat und Management nötig. Mit Befremden stellte man in Italien fest, dass Palenzonas Assistent Mercuri im 30. Stock des Unicredit-Tower in Mailand ein eigenes Büro besaß, ohne bei der Bank angestellt zu sein.

Vor dem 11. November muss Ghizzoni beweisen, dass er das Geldinstitut mit 146 000 Mitarbeitern und Filialen in 17 europäischen Ländern im Griff hat und glaubwürdig ist. Die Anleger müssen dem Nachfolger von Konzernarchitekt Alessandro Profumo abnehmen, dass Unicredit ohne Kapitalerhöhung auskommt und seine Ertragskraft steigern wird. Als die Aktionäre Profumo im September 2010 zu Fall brachten, zog der Drei-Zentner-Mann Palenzona, Multi-Lobbyist und Mittelsmann zwischen Politik und Finanz, die Strippen. Bei der Kür des Nachfolgers führte er ebenfalls Regie.

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